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Behindertensport Behindertensport: Ein Rollstuhl ist kein Hindernis

Von KARINA BLÜTHGEN 28.06.2010, 15:15

WITTENBERG/MZ. - Geduldig wartete Uwe, bis er dran war. "Jetzt kannst du werfen", ermunterte Hans-Joachim Schöne den 43-Jährigen im Rollstuhl. Und schon kam das Holz geflogen. Das traf zwar kein anderes der aufgestellten Hölzer, aber manch anderem aus den beiden Mannschaften erging es nicht besser. Das Wikingerspiel, bei dem es auf Geschick und Treffsicherheit ankommt, machte am Freitag im Wittenberger Ruderclub den Behinderten und nicht Behinderten vor allem eines: Spaß.

Die gemeinsame Veranstaltung von Sportjugend und Behindertenverband Wittenberg markierte den Ferienbeginn und damit eine Pause im wöchentlichen Sport für Menschen mit Handicap. Den gibt es seit zwei Jahren regelmäßig freitags in der Turnhalle des Wittenberger Berufsschulzentrums. Mit zehn Behinderten fing es an, inzwischen kommen regelmäßig etwa 40 Leute. "Da sind auch Eltern dabei, die die Gelegenheit zur Bewegung nutzen", sagte Hans-Joachim Schöne von der Sportjugend. Die Hallenzeiten habe die Sportjugend schon länger gebucht, durch das Fachkräfteprogramm des Landes sei es möglich gewesen, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.

"Die Nachfrage ist inzwischen so groß, dass wir sie kaum noch bewältigen können", erklärte Cornelia Tischendorf, Leiterin des familienentlastenden Dienstes beim Behindertenverband. "Jeder macht, was er kann, dabei macht vor allem das Gemeinsame Spaß." Von Menschen mit geringer geistiger Behinderung bis zu schwersten und mehrfachen Behinderungen findet sich für jeden ein Sport. "Bälle sind das A und O und auch für Rollstuhlfahrer geeignet", meinte Schöne.

Auch Uwe mag den Sport, vor allem das Ball spielen mit Hans-Joachim Schöne. "Er geht gern hin", bestätigte Uwes Mutter Monika Kling aus Karlsfeld. Die Familie nutzt das Angebot fast von Anfang an, "es ist wunderbar". Seit gut einem Jahr besucht auch Sohn Dirk von Hannelore Pertek aus Zörnigall das Sportangebot. "Er ist eher ein Bewegungsmuffel", meinte sie. "Aber in der Turnhalle rollt er ganz allein herum und spielt mit anderen Ball. Da ist er mit Begeisterung dabei." Sie selbst nutzt die Gelegenheit, um mit anderen Müttern Feder- oder Basketball zu spielen.

Behinderte, Eltern und Betreuer im Ruderclub trafen sich am Freitag aber auch zum gemeinsamen Feiern. Da wurde nämlich nicht nur das Wikingerspiel auf dem Rasen ausprobiert, sondern auch gegrillt. Und eine Überraschung gab es am späten Nachmittag auch. Die "Aktion Beat-Fabrik", bei der Behinderte Musik machen, war eingeladen und trommelte ganz ordentlich zur Freude aller.

Ziel des Sports ist übrigens mehr Integration, vor allem Jugendlichen soll er einen anderen Blick auf Menschen mit Handicap geben. Das, gestand Schöne ein, klappe noch nicht so. "Viele können mit dem Anderssein nicht umgehen", weiß er. Für Cornelia Tischendorf ist es ebenfalls wichtig, mit dem Projekt an die Öffentlichkeit zu gehen und Berührungsängste abzubauen. Allein, dass sich der Sport einmal zu solch einem Umfang entwickelt, hätte sie nie gedacht.