Bad Schmiedeberg Bad Schmiedeberg: Ohne schöne Aussicht
bad schmiedeberg/MZ. - Wieder umkehren. Wer gegenwärtig den Kaiser-Wilhelm-Turm an der Ausflugsgaststätte "Schöne Aussicht" bei Bad Schmiedeberg erklimmen will, um eben die schöne Aussicht zu genießen - an guten Tagen geht der Blick bis zum Leipziger Völkerschlachtdenkmal - steht vor verschlossener Tür. Der Turm, erst 2006 mit Fördermitteln auf Vordermann gebracht, ist zu. Auf einer Tafel steht mit Kreide geschrieben: aus technischen Gründen gesperrt.
Der knapp 30 Meter hohe Turm, der sich bis auf 208 Meter über den Meeresspiegel erhebt, ist eine Attraktion in der Dübener Heide. Gerade in Ferienzeiten wollen nicht wenige Ausflügler die Stufen zur Aussichtsplattform empor steigen. Das ist seit kurzem nicht mehr möglich - und wann wieder, scheint derzeit völlig unklar.
Wie schon beim Turm der Wittenberger Schlosskirche sind Gründe des Brandschutzes für das Schließen verantwortlich. Eine Begehung vor wenigen Tagen hat nach den Worten von Kreis-Sprecher Ronald Gauert verschiedene Mängel zu Tage gefördert. Es geht um brandschutzgerechte Türen, eine Zugangskontrolle zum Turm, damit nicht zu viele Menschen auf einmal oben sind, um einen zweiten Fluchtweg, der freilich im Fall des Falles auch die Leiter der Feuerwehr sein könnte. Der Landkreis, sagt Gauert deutlich, habe nichts verfügt: "Wir haben keine Nutzungsuntersagung ausgesprochen." Die Entscheidung, den Zugang zum Kaiser-Wilhelm-Turm für die Öffentlichkeit zu sperren, traf die von der Stadt Bad Schmiedeberg mit der Verwaltung beauftragte Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (WBVG). Deren Geschäftsführer Detlef Kluge verweist gegenüber der MZ auf die Risiken und darauf, dass die offenen Fragen zunächst geklärt werden müssen: "Wir waren in Zugzwang und mussten reagieren. Jetzt brauchen wir eine neue Genehmigung auf Grundlage eines Brandschutzkonzeptes." Anja Lexius, die Pächterin der Gaststätte, ist mit der Situation gar nicht glücklich. Nicht wenige ihrer Gäste kommen nicht zuletzt deshalb zur "Schönen Aussicht", weil sie den Turm ersteigen wollen - und kombinieren das mit einem Besuch des traditionsreichen Ausflugslokals. Sie beklagt, dass die Leute nicht vernünftig informiert werden über die Turm-Schließung ("Die Tafel habe ich geschrieben") und dass mit solchen Aktionen der Tourismus in der Dübener Heide behindert werde.
Pikanterweise erfolgte der Besuch des Bauordnungsamtes des Landkreises auf einen Tipp aus dem Umfeld der Gaststätte hin. Gauert: "Frau Lexius senior war bei uns und hat Bedenken in Richtung Brandschutz geäußert." Die bestätigt das und spricht davon, dass bei den Sanierungsarbeiten der Brandschutz außer Acht gelassen worden sei.
Das ist die eine Seite, die andere ist ein schon länger währender Streit zwischen WBVG und den Gaststättenpächtern. Es geht dabei unter anderem um Sanierungsarbeiten, die auf sich warten lassen und eben um die Frage, wer sich um den Turm kümmert, um Sauberkeit und Zugang. Anja Lexius: "Wir haben das ja teilweise gemacht, sind aber nicht in der Lage, das ständig neben dem Gaststättenbetrieb zu stemmen." Der Turm sei mit Bedacht nicht mitgepachtet worden. Die Gäste der "Schönen Aussicht" unterscheiden da allerdings nicht und sehen den in der Verantwortung, der vor Ort ist.
Eine ziemlich verfahrene Kiste, die Bad Schmiedebergs Bürgermeister Stefan Dammhayn (CDU) höchst ärgerlich nennt. "Es gibt Unstimmigkeiten, da ging es zum Beispiel ums Saubermachen. Aber eigentlich sind das doch Peanuts." Der Turm sei ein wichtiger Anziehungspunkt in der Region und "der Laden brumme" vor allem Wochenende.
Dammhayn hofft, dass sich beide Seiten verständigen und "es daran nicht scheitert". Die Stadt versuche, Einfluss zu nehmen: "Aber es gibt bestehende Verträge, über die wir uns nicht einfach hinwegsetzen können."