Ausstellung im Café Vlora Ausstellung im Café Vlora: Ein Vorgeschmack auf Thea Schleusner

Wittenberg - Im Herbst 2018 wurde bekannt, dass die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Frankfurt am Main ein expressionistisches Künstlerbuch mit „herausragenden“ künstlerischen und literarischen Bezügen erworben hat. Wie es in einer Pressemitteilung der Goethe-Universität hieß, auf die jetzt Mathias Tietke verweist, enthält das Buch Rainer Maria Rilkes „Märchen von den Händen Gottes“ aus der Sammlung „Geschichten vom lieben Gott“.
Das Besondere sei, dass die Malerin Thea Schleusner (1879 bis 1964) auf jeder Seite Originalaquarelle und aquarellierte Originalzeichnungen montiert habe. Die Illustrationen wurden von ihr signiert.
Schleusner stammte aus Wittenberg und ebendort ist seit Freitagabend eine Ausstellung mit Werken der Künstlerin zu sehen. Insgesamt zwölf Gemälde von einem namentlich nicht näher bezeichneten privaten Leihgeber aus Berlin hat Kurator Tietke, seinerseits gebürtiger Wittenberger, ins Café Vlora gehängt: Aquarelle, Pastelle, Rötelzeichnungen, die Titel tragen wie „Todestraum am Meer“, „Tod der Nachtigall“, „Urteil des Paris“, „Bildnis mit Masken“ oder „Am Bosporus“.
Letzteres entstand in den 1920er Jahren, es zeigt die helle Seite einer Künstlerin, die in ihrem Leben viel durchgemacht hat. Allein schon zwei Weltkriege reichen, um einen Hang zum Düsteren zu entwickeln, bei Schleusner kam hinzu, dass etliche ihrer Werke im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Tietke zufolge war es auch schwierig für sie, überhaupt noch ausstellen zu können.
Dabei war die Malerin und Tochter des Wittenberger Archidiakons Georg Schleusner, die in Berlin und Paris studierte, auch eine und interessante Persönlichkeit. Etwa hatte sie in Paris Kontakt zu Auguste Rodin und Rainer Maria Rilke. Nach Studienreisen in Italien und England begann sie 1901 in Berlin im eigenen Atelier zu arbeiten und war ab 1906 bis 1931 Mitglied des Vereins der Berliner Künstlerinnen.
Mit Albert Einstein war sie nicht nur befreundet, sondern sie hat ihn auch mehrfach porträtiert und auch Emil Nolde hat sie gemalt. Mit Edward Munch stellte sie zusammen aus. Tietke findet: „Es wird höchste Zeit, Thea Schleusner aus dem Schatten zu holen.“ Die kleine Schau im Café Vlora kann da (ebenso wie die Gemeinschaftsausstellung „Zehn Wittenberger Künstler_innen“ 2018 im Alten Rathaus) nur ein Anfang sein.
Tatsächlich plant Tietke für das Jahr 2020 eine große Retrospektive mit „150 bis 200 Bildern“. Weil sich der ursprüngliche Plan, mit dieser Ausstellung ins Augusteum Wittenberg zu gehen, zerschlagen habe, strebt er jetzt eine dezentrale Schau an mit mehreren Partnern, neben anderen nennt er die Stiftung Christliche Kunst und die Cranach-Stiftung, aber auch das Zeughaus als Stadtmuseum. Tietke zufolge befinden sich in den Städtischen Sammlungen 30 frühe Werke von Schleusner, die dann womöglich auch gezeigt werden könnten.
Noch müssten allerdings Gespräche mit den in Aussicht genommenen Partnern geführt werden. Auch Versicherungsfragen seien zu klären.
Tietke, der in Berlin lebt, beschäftigt sich seit drei Jahren intensiver mit Schleusner, sie fand auch Eingang in sein Buch „Die 99 besonderen Seiten der Stadt“. Das gilt ebenso für die Künstlerin Else Hertzer, gerade bereitet Tietke eine Hertzer-Retrospektive für das Kunsthaus Apolda vor. Diese Schau soll unter dem Titel „Die Vielseitige“ Ende Juni eröffnet werden.
Die Schleusner-Ausstellung im Café Vlora in Wittenberg ist bis zum 30. Mai zu sehen.
(mz)