1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Asisi-Großpanorama: Asisi-Großpanorama: Blicke in Wittenbergs Fenster

EIL

Asisi-Großpanorama Asisi-Großpanorama: Blicke in Wittenbergs Fenster

Von Ute Otto 14.10.2015, 18:00
Der Reformator (Matthias Peikert, 2. v. links) und seine Freunde sollen in dieser Szene die Bibelübersetzung diskutieren. Der Künstler Yadegar Asisi (3. von rechts), gibt dazu Regieanweisungen.
Der Reformator (Matthias Peikert, 2. v. links) und seine Freunde sollen in dieser Szene die Bibelübersetzung diskutieren. Der Künstler Yadegar Asisi (3. von rechts), gibt dazu Regieanweisungen. alexander baumbach Lizenz

Wittenberg - Luther sitzt mit seinen Kindern Hänschen und Magdalena in der Studierstube und erzählt eine Fabel, die er gerade für seine Sprösslinge erfunden hat. Während der Junge, den Kopf in die Hand gestützt, gelangweilt den Blick abschweifen lässt, ist das Mädchen dem Vater aufmerksam zugewandt. Es ist eine von Hunderten Szenen im künftigen Asisi-Panorama „Luther“, für das der Künstler Yadegar Asisi und sein Team in dieser Woche mit Schauspielern und Komparsen in Wittenberg Fotoaufnahmen gemacht hat.

Montag waren es Straßenszenen aus der Zeit um 1517 in Luthers Stadt: Männer, die aus dem Freudenhaus kommen; Studenten, die torkelnd die Wirtschaft verlassen; Mütter und Kinder, die auf den Markt gehen; Gelehrte, die die Thesen an der Schlosskirchentür diskutieren.

Schauspieler und Komparsen

Dem gebietet das Wetter Mittwoch Einhalt. „Wir machen heute die Innenaufnahmen, die der Betrachter dann in den Fenstern der Häuser sehen kann“, erklärt Karsten Grebe, Pressesprecher der Asisi GmbH, das Geschehen im Ratssaal.

Obwohl es Fotos sind und die Darsteller nicht sprechen müssen, sollen die Szenen lebendig wirken. Wegen der Mimik und Gestik setzt Asisi bei den erwachsenen Hauptfiguren auf professionelle Film- und Theaterschauspieler.

Matthias Peikert ist Luther, mit ihm sind in einer weiteren Szene Uwe Lerch als Johannes Bugenhagen, Frank Hünsch als Justus Jonas, Christian Meinel als ein Jude im Disput über die Bibelübersetzung. Eine Ausnahme dabei ist der Melanchthon-Darsteller: Levin Klocker gehört zum Produktionsteam, kommt jedoch Luthers Freund in Statur und Aussehen sehr nahe.

Das Volk aber, das die Straßen belebt, soll auch vom Volk gespielt werden: Bis zu 30 Komparsen werden pro Tag gebraucht und eingekleidet aus dem Fundus der Babelsberger Filmstudios. Und die Wittenberger sind mit Feuer und Flamme dabei, vor allem die Kinder und Jugendlichen.

Heike Masser, Lehrerin am Luther-Melanchthon-Gymnasium, hat 15 Schüler nach den Vorgaben der Künstler zu Alter und Größe ausgesucht. Auch die Frisur sollte „renaissancetauglich sein“, was die Auswahl unter den Jungen schwierig gemacht habe.

#gallertoy

So bekommt der elfjährige Kurt Schulz, der Luthers Ältesten darstellt, eine Perücke aufgesetzt. „Er wollte erst gar nicht mitmachen“, erzählt die Lehrerin. Dabei ist sie überzeugt, dass der Pfarrerssohn später einmal stolz sein wird, dabei gewesen zu sein. Magdalena-Darstellerin Mara-Lena Masser kann schon jetzt ihre Begeisterung darüber kaum verbergen, mit einem berühmten Künstler zusammenarbeiten zu dürfen. Ihre Mutter ebenso: „Das ist Geschichtsunterricht zum Anfassen“, sagt die Lehrerin. „Die Kinder lernen dabei so viel über die Stadtgeschichte und die Namenspatrone ihrer Schule.“ Zudem sei es sehr spannend, wie der mittlerweile durch zahlreiche 360˚-Panoramen bekannt gewordene Künstler arbeitet. „Er agiert ruhig, aber bestimmt. Und er ist unheimlich produktiv.“

Einheimische als fachliche Berater

Beeindruckt ist auch Elke Strauchenbruch: „Er malt ja praktisch meine Wittenberg-Bücher“, sagt sie. Die Historikern und Autorin berät mit Andreas Wurda, dem Leiter der Städtischen Sammlungen, das Produktionsteam zur Stadtgeschichte. Viele der dargestellten Episoden sind verbrieft, zu jeder Szene kennt die 59-Jährige die ganze Geschichte. So weiß sie auch, dass Luthers Hänschen beim Lernen tatsächlich nicht so helle gewesen ist wie seine Schwester. Die Intelligenz ihrer Frauen und Mädchen war laut der Historikerin für die Reformatoren zu jener Zeit ein Problem. Sie konnten sie ja nicht studieren lassen. „Es ist so überwältigend, zu sehen, wie das Panorama entsteht“, sagt Strauchenbruch. „Selbst wer keine Ahnung hat, wird die Bilder lesen können. Das ist das Wunderbare daran.“