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Anton Wilhelm Amo und Wittenberg Anton Wilhelm Amo und Wittenberg: Mehr als nur ein Wirkungsort

Von Corinna Nitz 23.10.2020, 08:44
An der Stiftung Leucorea in Wittenberg erinnert diese Tafel an Anton Wilhelm Amo, nach dem eine Straße in Berlin umbenannt werden könnte.
An der Stiftung Leucorea in Wittenberg erinnert diese Tafel an Anton Wilhelm Amo, nach dem eine Straße in Berlin umbenannt werden könnte. Klitzsch

Wittenberg - Nicht nur einmal haben sich auch überregionale Medien mit Anton Wilhelm Amo befasst, über einen Beitrag aber stolperten in diesem Jahr Mitglieder des Wittenberger SPD-Ortsvereins: Er verhandelte die Umbenennung der Berliner Mohrenstraße und nannte als Wirkungsort für den in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Amo offenbar lediglich Halle.

Wittenberg, wo der zu seiner Zeit erste bekannte promovierte afrikanische Philosoph in Europa im 18. Jahrhundert ebenfalls tätig war, fand demnach keine Erwähnung.

Im Gedächtnis

Nun ist es freilich lange her, dass der aus dem heutigen Ghana stammende Amo in Luthers Stadt Spuren hinterließ. „Aber auch wir haben Hinweise“, sagt vom Ortsverein Werner Grafe am Donnerstag zur MZ und verweist auf eine Tafel, die an der Stiftung Leucorea an den Intellektuellen erinnert sowie auf eine Broschüre über bekannte Wittenberger und Gäste, die den Philosophen ebenfalls würdigt. Es gehe nicht darum, die Erinnerungskultur neu zu schreiben, sondern um, sagen wir, Gleichberechtigung. Wenn also im Zusammenhang mit der Berliner Straßenumbenennung von Halle als Wirkungsort die Rede ist, dürfe Wittenberg nicht fehlen.

Wie aber ist jener Mann, um den es hier geht, im Gedächtnis der Stadtgesellschaft verankert? Es gab durchaus Zeiten, da fand in Wittenberg eine lebhafte Beschäftigung etwa in Form eines Theaterstücks oder eines Podiumsgesprächs mit Anton Wilhelm Amo statt. Dieser war als Vierjähriger 1707 verschleppt worden. Er wuchs am Hof des Fürsten Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel auf, der ihn auf den Namen Anton Wilhelm taufte. Man ließ ihn studieren, Amo promovierte und lehrte als erster schwarzer Dozent Deutschlands in Halle, Wittenberg und Jena.

Um 1747 kehrte er dann zurück an die Goldküste, nachdem rassistische Spottgedichte über ihn verbreitet worden waren, heißt es in einem Schreiben, zu dessen Absendern neben Werner Grafe unter anderen auch Wittenbergs Ex-Bürgermeister Eckard Naumann und Heide Richter-Airijoki vom SPD-Ortsverband gehören.

In dem Schriftstück wird auch an Amos erste Disputation erinnert, diese habe den Titel „Über die Rechtsstellung der Mohren in Europa“ getragen.

Beschlossene Sache

Eine Straße, die diesen Begriff bis eben noch im Namen führte, wird es in Berlin wohl bald nicht mehr geben. Medienberichten zufolge wurde die Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße beschlossen.

Rassistisch

Im Spätsommer hatten verschiedene Zeitungen über einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte berichtet, wonach die Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt werden soll. Zuvor hatte es Kritik an der, wie es an einer Stelle hieß, rassistischen Konnotation des Begriffes Mohr gegeben.

An anderer Stelle wurde betont, der Name ist „rassistisch und kolonialistisch belastet, diskriminiert und schadet dem nationalen und internationalen Ansehen Berlins“. Angesichts dieser Debatte hatten zunächst die Berliner Verkehrsbetriebe nach einem neuen Namen für ihre U-Bahn-Station „Mohrenstraße“ gesucht.  (mz)