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Amphibienfahrzeug in Wittenberg Amphibienfahrzeug in Wittenberg: Spezialboot für Retter

Von Marcel Duclaud 14.02.2016, 14:15
Der Wittenberger Peter Lüder auf „Delta 2015“, einem von ihm entwickelten Rettungsboot.
Der Wittenberger Peter Lüder auf „Delta 2015“, einem von ihm entwickelten Rettungsboot. thomas Klitzsch Lizenz

Wittenberg - „Delta 2015“ hat Peter Lüder seine Schöpfung genannt, vorerst, das kann sich noch ändern. Es handelt sich um ein außergewöhnliches Gefährt, ein Spezialboot, das der Tüftler aus Wittenberg konstruierte, um Menschenleben zu retten. Ein Amphibienfahrzeug, das sich im Wasser ebenso bewegen kann wie auf Eis oder zur Not auf einer Wiese.

1999 hat Peter Lüder sein Unternehmen „Spezialboot Wittenberg“ gegründet. Hauptgeschäftsfeld sind selbst entwickelte Leichtbau-Schwimmpontons, die können unter anderem als so genannte Brückenuntersichtgeräte eingesetzt werden - bei regelmäßigen Kontrollen von Brücken. Das Unternehmen, das drei Mitarbeiter beschäftigt, verleiht solche Arbeitsmittel. Außerdem bietet es Planung, Konstruktion und Herstellung von Sportbootstegen oder Badeinseln an. Der Wittenberger ist gelernter Landmaschinen- und Traktorenschlosser, später studierte er Maschinenbau. Peter Lüder arbeitete unter anderem als Konstrukteur bei Maschinen und Mühlenbau Wittenberg und beim Apparatebau Reinsdorf.

Schneckenwellen als Antrieb

Das Rettungsgerät mit den beiden langen Schneckenwellen - auch archimedische Schraube genannt - wird heute einem größeren Publikum präsentiert. Denn Lüder, ein Ingenieur und Konstrukteur, der ein kleines Unternehmen namens „Spezialboot Wittenberg“ betreibt, ist nach Leipzig zur Mitteldeutschen Handwerksmesse eingeladen. Dort wird der Innovationspreis der Handwerkskammern Leipzig und Halle verliehen - nominiert sind insgesamt neun Handwerksbetriebe, unter ihnen der von Peter Lüder aus Wittenberg.

Ob er den Preis erhält oder nicht, für den Tüftler ist allein die Einladung ein Erfolg - und eine Chance. Eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erregen, potentielle Kunden zu interessieren, womöglich einen Investor zu finden. Denn mit einem solchen würde es viel schneller gehen, „Delta 2015“ zur Serienreife zu führen. Was bislang existiert und was der Jury heute vorgestellt wird, ist ein Prototyp - allerdings bereits der zweite, eine deutlich leichtere Variante des innovativen Rettungsgerätes, das es in dieser Art bislang nicht gibt.

Den Impuls, ein solches Amphibienfahrzeug zu konstruieren, gab ihm ein Unglücksfall, der sich vor Jahren in der Region ereignete - ein Kind, das ins Eis einbrach und nicht gerettet werden konnte. „Es kann nicht sein, dass Erwachsene am Ufer stehen und zuschauen müssen, wie ein Kind ertrinkt“, befand Lüder und machte sich an die Entwicklungsarbeit. Der Wittenberger, der auch mal zwei Jahre zur See fuhr, hat verschiedene Modelle probiert, ein Gerät zum Schieben, eines mit Spikes, der Nachteil ist, dass die Füße aufs Eis müssen. Schließlich entschied sich Lüder für eine Art Motor-Eis-Schlitten, der auch im Sommer zu nutzen ist - und schwimmen kann. Das ist entscheidend für den Fall, dass das Eis nicht hält. Mit einem Motor und Hydraulik werden die Schneckenwellen angetrieben, rechtsdrehend, linksdrehend, unabhängig voneinander. Das Fahrzeug kann sich auf dem Eis ebenso bewegen wie im Wasser. Das dient der Sicherheit der Retter, und der Verunglückte kann besser und schneller geborgen werden. Das Spezialboot ist so konstruiert, dass es bei der Rettungsaktion möglichst nicht kentert, der Verunglückte wird per Trage in das Fahrzeug gehievt.

Soweit zumindest die Theorie. Denn in der Praxis ist „Delta 2015“ natürlich noch nicht getestet worden. Peter Lüder hat lediglich auf der Elbe einen erfolgreichen Schwimmversuch mit seiner Neuentwicklung absolviert, der Test auf dem Eis steht noch aus.

Der Wittenberger ist trotz aller noch vor ihm stehenden Hürden guter Dinge, dass sich seine Erfindung als brauchbar erweist - und Kundschaft findet. Bei zwei einschlägigen Messen, in Dresden und Fulda, stieß das Amphibienfahrzeug jedenfalls auf einiges Interesse. Allerdings muss noch erheblich investiert werden, damit „Delta“ in Serie gehen kann.

Zunächst geht es nach Peter Lüders Worten um Optimierung, darum, das Rettungsfahrzeug noch leichter zu machen. Der Schwimmkörper sollte aus Kunststoff bestehen, schweres Metall möglichst verschwinden: „Wir müssen die Balance finden zwischen Leichtigkeit und Leistungsfähigkeit.“

Zur Serienreife bringen

Lüder hat nach eigenen Angaben bislang rund 200 000 Euro in das Projekt gesteckt, würde er allein weiter machen, dauerte es noch geraume Zeit, bis die Produktion aufgenommen werden kann. Weil er sich um das laufende Geschäft seines Unternehmens ebenfalls kümmern muss, hofft der Wittenberger auf einen Investor, der einsteigt, um „Delta“ so schnell wie möglich zur Serienreife zu bringen.

Zunächst hofft Peter Lüder aber, dass seine Idee heute überzeugt - und er gut abschneidet beim „Innovationspreis Handwerk 2016“. (mz)