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Abwasserkläranlage in Coswig Abwasserkläranlage in Coswig: Alles geklärt!

Von Ilka Hillger 29.06.2015, 10:03
Beim Tag der offenen Tür konnten sich Interessierte über die Arbeitsweise des Coswiger Klärwerkes informieren.
Beim Tag der offenen Tür konnten sich Interessierte über die Arbeitsweise des Coswiger Klärwerkes informieren. A. Baumbach Lizenz

Coswig - Die wichtigsten Mitarbeiter sind unsichtbar und von ihnen gibt es zig Billionen. Es sind günstige Kollegen, sie arbeiten rund um die Uhr, pflegeleicht und anspruchslos, solange sie täglich ihr Futter bekommen: das Abwasser. Von diesem gibt es in der Coswiger Kläranlage reichlich und so kann auch am Sonnabend das große Fressen der Bakterien in ihrem Mikrokosmos stattfinden und beobachtet werden. Die Anlage des Abwasserverbandes Coswig steht seit 20 Jahren auf dem Buroer Feld vor den Toren Stadt. An diesem Tag ist das Jubiläum Anlass für einen Tag der offenen Tür.

Wo landen Badewasser, Toilettenladung und all das gebrauchte Wasser aus Becken, Spülen und Waschmaschinen? Die Coswiger wollen es wissen und folgen neugierig Kläranlagenmeister Michael Tzschietzschker, der mit seinen Besuchern den letzten Weg des einst sauberen Leitungswasser geht, bevor dieses gereinigt und geklärt wieder in die Elbe entlassen wird. Vorher aber braucht es seine Zeit, denn was in Minutenschnelle in den Haushalten verschmutzt wird, benötigt 60 bis 70 Tage, bis es wieder in einem akzeptablen Zustand und der Natur zumutbar ist.

Tzschietzschker steht am Anfang des Rundgangs in der Schaltzentrale, schnappt sich seinen Zollstock und zeichnet auf einer Tafel den Abwasserweg nach. Da blinken all die kleinen Dörfer der Umgebung, von denen das Abwasser hier ankommt, jede Reinigungsstufe wird angezeigt, und die LED-Lichter signalisieren den Status. „Für 20 000 Einwohnerwerte wurde die Kläranlage konzipiert“, erklärt ihr Meister. Das reicht bis heute und für die Zukunft. Aktuell würden täglich zwischen 1 300 und 1 500 Kubikmeter Abwasser anfallen, was im Mittel 9 333 vollen Badewannen entspricht.

Was unterirdisch durch Kanalleitungen das Buroer Feld erreicht, hat freilich keinesfalls die im Vergleich angenehme Qualität gebrauchten Badewassers. Das riecht man gleich am Anfang des Abwasserwegs. Tzschietzschker hat im Raum für die erste mechanische Reinigungsstufe den Gasalarmwarner angeschaltet. „Solange sie noch verfaulte Eier riechen, ist alles gut, wenn nicht mehr, wird es gefährlich“, ruft er seinen Zuhörern zu, die sich auf die Gittertreppe wagen und beobachten, wie ein Rechen alles Grobzeug aus der Brühe fischt. Der Nase zuliebe reicht ein kurzer Blick. Schön ist das nicht, was durch die Ausgüsse entsorgt wird. „Das gehört aber auch dazu“, findet Ulrich Golembek.

Der Coswiger ist mit seiner Familie zum Tag der offenen Tür gekommen, denn „die Kinder sollen auch mal erfahren, wie so etwas aufgebaut ist“, meint ihr Vater. Kläranlagenmeister Tzschietzschker weiß hingegen in der sechs Meter tiefer gelegenen Pumpenstation zu berichten, was die vier Pumpen lahmlegt. „Feuchttücher sind ein Problem“, erzählt er. Sie reißen nicht, Verzopfung nennen die Fachleute den Vorgang, wenn sich solche Tücher verklumpen und nicht mehr durch die Rohre rutschen, sondern rollen. „Mindestens einmal in der Woche müssen wir dann die Pumpen aufmachen und das Zeug rausholen. Das ist eine Riesensauerei“, sagt er. Die Zuhörer beim Rundgang glauben es unbenommen.

Da sieht es ein paar Schritte weiter bei der nächsten Reinigungsstufe schon besser aus. In zwei langen Becken wirken die Gesetze der Physik. Eine Wasserwalze sorgt dafür, dass sich Sand und Fett vom Abwasser trennen. Schieber entsorgen den Sand, das Fett wird mit einer Schippe abgeschöpft. „Manchmal ist sie rosa“, sagt Tzschietzschker über die Fettschicht auf der trüben Brühe. „Dann wissen wir, dass es bei Junghans wieder Nudeln mit Tomatensoße gab.“

Auch am Abwasser lasse sich so einiges ablesen, nicht zuletzt an den Nahrungsresten, die sich daran befinden, obwohl sie, so Tzschietzschker, doch lieber im Biomüll und auf dem Kompost landen sollten, auch, um den Ratten in den Rohren nicht noch mehr Futter zu geben. Denn das soll hier nur den Bakterien dienen, die in den Becken unermüdlich ihr Tagwerk verrichten, so dass kurz vorm Abfluss in die Elbe alles wieder klar ist und sich auch die Möwen auf dem Wasser wohlfühlen.

Kläranlagemeister Michael Tzschietzschker führte die Besucher in die unterirdische Pumpenstation.
Kläranlagemeister Michael Tzschietzschker führte die Besucher in die unterirdische Pumpenstation.
Achim Kuhn Lizenz