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Abends bei den Schmetterlingen

Von Irina Steinmann 28.08.2005, 17:20

Wittenberg/MZ. - Er wurde seiner Rolle mehr als gerecht.

Wer nicht den Vorverkauf genutzt hat, hat schlechte Karten. Keine Karten. Denn mehr als 50 Menschen lässt Liebold nicht zu seinen Tierchen, die er ohne Scheu "süß" nennt. Besucher müssen abgewiesen werden. Problemlos, sagt Viola Preisendanz, die Frau im Schmetterlingshaus, könnte man übers Jahr mehrere solcher Veranstaltungen anbieten (dann natürlich mit anderen Darstellern als dem Bananenfalter). Theoretisch, praktisch aber sei das leider zu aufwendig.

Die letzten Strahlen der Abendsonne schießen in die Cafeteria, als 50 Auserwählte aufbrechen zur Expedition in den Dschungel. Der Temperatur-Kontrast fällt vergleichsweise gering aus, doch die hohe Luftfeuchtigkeit treibt einem rasch Schweißperlen auf die Stirn. Haarscharf gleiten Dutzende Bananenfalter über die Teilnehmer hinweg, und man kann sich gut vorstellen, dass es stimmt, wenn Liebold berichtet, er selbst habe beim ersten Kontakt damals reflexartig den Kopf eingezogen. Aber so ein Schmetterling tut ja nichts. Und selbst wenn er, wie die Weiße Baumnymphe, als "giftig" gilt, dann heißt das nur, "dass man ihn nicht essen darf", wie Expeditionsleiter Liebold bemerkt und damit die Lacher sofort auf seiner Seite hat. Kurzweilig geht es weiter und bemerkenswert. Wer weiß schon, dass jeder Schmetterling einen ganz bestimmten Schlafplatz hat? Dass Liebolds Tierchen pro Saison eine halbe Tonne (!) Blattwerk verzehren? Und sich Bananenstauden gegen zu gefräßige Raupen zur Wehr setzen - und dieses Wissen, auf welchem Weg auch immer, an Nachbarpflanzen weitergeben?

Keine Frage, es sind ausgesprochene Schmetterlingsfreunde, die es auch aus Bitterfeld und Torgau und den Nachbarlandkreisen Potsdam-Mittelmark und Anhalt-Zerbst nach Wittenberg gelockt hat. Fast liebevoll macht man sich gegenseitig auf interessante Dinge aufmerksam, die der andere ja vielleicht übersehen haben könnte im Tropengrün. "Schauen Sie, da ist gerade ein Schmetterling geschlüpft." Die Frau, dunkle kurze Haare, freundliche braune Augen, ist mit Mann und Tochter gekommen. Wieder einmal. "Das letzte Mal", erzählt sie fröhlich, "haben wir sechs Stunden hier verbracht." Sechs Stunden!

Die Bananenfalter haben unterdessen die Besucher als Landeplatz entdeckt. Wen es erwischt, der regt sich nicht und hält den Atem an, um sie ja nicht zu verscheuchen, die zarten Geschöpfe mit den großen "Augen" auf der Flügelunterseite, die in der Natur die Feinde abschrecken sollen. "Sie werden seine Raupen fressen hören", lockt Liebold alsbald zu einer zweiten Führung in den nachtdunklen und geheimnisvoll erleuchteten Park. Aber erst einmal muss sich die Expedition selbst stärken.

Der Schmetterlingspark ist bis inklusive 31. Oktober geöffnet.