27. Juli 2016 27. Juli 2016: Vor einem Jahr hieß es "Land unter" in Wittenberg

Wittenberg - Ein Jahr ist es jetzt her, dass Starkregen Wittenberg und Umgebung förmlich überflutete. Der 27. juli 2016, er ist sicherlich noch vielen in Erinnerung, deren Keller damals überflutet wurden oder die als Mitglieder der Feuerwehr quasi im Dauereinsatz waren. Wir geben noch einmal einen Rückblick auf das, was vor einem Jahr passiert ist:
Heftiger und lang anhaltender Regen hat am frühen Nachmittag des 27. Juli 2016 weite Teile von Wittenberg und der Umgebung unter Wasser gesetzt. Binnen nicht einmal einer Stunde fielen laut Wetteronline rund 96 Liter pro Quadratmeter.
Das langjährige Mittel für den Juli liegt bei 48,3 Litern - für den gesamten Monat. Aus den Gullys schoss Wasser, in der Coswiger Straße trat der Rischebach über die Ufer. In der Juristenstraße pflügten sich die Busse voran, einzelne Passanten tappten, vorsichtshalber barfuß, noch durch stehendes Wasser, als der Regen schon lange wieder am Abklingen war.
Notrufe ohne Ende
Ununterbrochen würden in der Leitstelle weiter Notrufe eingehen, vermeldete um 16.09 Uhr der Landkreis - zahllose Keller waren vollgelaufen. Aus Kleinwittenberg wurde der MZ aus einem Keller ein Wasserstand von satten 1,60 Metern gemeldet. Die Kreisverwaltung selbst evakuierte ihre Tiefgarage in der Breitscheidstraße. Fast alle freiwilligen Feuerwehren waren im Einsatz, so die Kreisverwaltung.
Ausgesprochen kritisch war die Lage am Ratsarchiv in der Juristenstraße. Da läuft Wasser den Kreuzgang ’runter, habe eine Kollegin plötzlich gesagt, berichtet Andreas Wurda, der Leiter der Städtischen Sammlungen, als der Spuk vorüber ist. Mehrere Zentimeter hoch stand das Wasser im Innenhof des Zentralen Besucherempfangs, es bedrohte das Depot und damit Archivmaterial von unschätzbarem Wert. Zum Glück, sagt Wurda, stoppte die kleine Flut kurz vorher. Erwischt hat es allerdings die etwas niedriger gelegene „Klosterkirche“ (Historische Stadtinformation). Die Feuerwehr rückte an und saugte das Wasser vom Boden, das sich fast über die gesamte Fläche erstreckte. Kritisch, berichtete Wurda, sei die Situation auch am alten Gesundheitsamt gewesen, wo die Feuerwehr ebenfalls zum Einsatz kam.
Dort war Wasser durch die Fenster eingedrungen und bedrohte Objekte der Sammlung. Bürgermeister Jochen Kirchner und Stadtsprecherin Karina Austermann machten sich um 16 Uhr ein Bild von der Lage am Ratsarchiv. Es gebe akut keine dramatischen Zustände, zog Kirchner eine Zwischenbilanz, das genaue Ausmaß der Schäden im Stadtgebiet werde sich allerdings erst noch zeigen. „Was für eine Naturgewalt!“, kommentierte er das, was für Meterologen ein „gewittriger Starkregen“ war - und ein „lokales Ereignis“.
Fontäne auf Spielplatz
Nur langsam kehrte nach dem Unwetter wieder Leben in die Innenstadt zurück. Am Arsenalplatz, wo der Markttag abrupt zu Ende gegangen war, rafften die letzten Händler ihre teils durchweichte Ware zusammen. 30 Zentimeter hoch, sagte ein Gemüsehändler noch ungläubig, habe das Wasser an seinem Stand gestanden. Auf dem Markt ging jetzt der Aufbau des Weinfestes weiter. Nur wenige Schritte entfernt glaubte man sich noch lange nach dem Unwetter in eine Seenlandschaft versetzt: Wasserfälle ergossen sich über den Luthergarten, eine dreckige Fontäne spie ununterbrochen im schönen neuen Spielplatz an der Wallstraße, der wie die gesamte Andreasbreite unter Wasser stand.
In der Dresdener Straße musste die Polizei aktiv werden. An der Kreuzung des Potsdamer Rings zur Bahnhofsbrücke war die Bundesstraße B187 durch stehendes Wasser unpassierbar geworden. Die Ordnungshüter sperrten die Straße für den Verkehr und griffen selbst zu Werkzeug, um die Abflüsse zur Kanalisation zu reinigen, um ein Abfließen des Wassers zu gewährleisten. Ansonsten blieb es für die Beamten weitgehend ruhig. "Es gab keine wetterbedingten Unfälle. Die Autofahrer haben sind entsprechend der Wetterlage gefahren. Auch auf der Autobahn ging es glimpflich ab", erklärte ein Beamter im Lage- und Führungszentrum der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost in Dessau-Roßlau am Mittwochabend.
In Cobbelsdorf, nördlich von Wittenberg gelegen, sollen große Hagelkörner niedergegangen sein. Auch östlich der Lutherstadt schlug das Gewitter zu: die Bundesstraße B187 wurde durch Wasser auf der Fahrbahn unpassierbar und zeitweise gesperrt.
"Nach dem Starkregen in den Nachmittagsstunden gibt es im Stadtgebiet der Lutherstadt Wittenberg nach wie vor noch zahlreiche Einsatzstellen der Feuerwehren. Sämtliche Wehren der Stadt und Wehren aus dem Landkreis sind im Einsatz. Die einzelnen Schadenslagen sind unter Kontrolle und werden jetzt abgearbeitet. Schwerpunkt sind Kellervernässungen an kommunalen und privaten Gebäuden", erklärte Karina Austermann, Sprecherin der Lutherstadt. "Besonders starke Überflutungen gab es in Straßenzügen, die sich in der Nähe von Bachläufen befinden. Die Einsätze werden noch bis in die Nachtstunden andauern. Wir danken den Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehren sowie den Helfern vor Ort", erklärte sie.
Einen exakten Überblick über die Schäden wird man frühestens am Donnerstag haben. (mz)