25. Wittenberger Töpfermarkt 25. Wittenberger Töpfermarkt: Keramiker überzeugen mit ihrer Vielfalt

Wittenberg - „Eigentlich ist alles schön. All die verschiedenen Farben und Formen“, schwärmt eine Frau beim Bummel über den Wittenberger Markt. Recht hat sie. Zwar hält der Regen am Sonntag so manchen Besucher fern, aber dafür scheint das Wasser die Farben der Teller, Tassen und Vasen kräftiger und klarer zu machen. Nur sind einfach viel weniger Besucher und Käufer als sonst da, die das sehen können.
25. Wittenberger Töpfermarkt: Besucher haben die Qual der Farbenwahl
Dabei beklagen sich die 88 Handwerker auf dem 25. Wittenberger Töpfermarkt nicht. Der Sonnabend hat schönes Wetter gebracht, damit einher geht eine wachsende Schar von Käufern und Schaulustigen, die wie immer die Qual der Wahl haben. Darf es eher die klassische Form beim Geschirr sein oder etwas Modernes? Bevorzugt Mann oder Frau eher braun, blau oder rot? Passt eher ein kräftiges Rot zum Rest der Einrichtung oder lieber eine erdige Variante?
„Grün und Beige“, antwortet Silvia Behrendt auf die Frage, welche Farbe es ihr angetan hat. Die Beutel des Ehepaares aus Borkheide sind am Sonntagnachmittag gut gefüllt, da wird lediglich etwas umgepackt, um das Gewicht besser zu verteilen. „Ich stehe auf Keramik“, sagt Silvia Behrendt und begeistert sich für „Schalen, Vasen und alles, was passt“. Zufrieden sei sie auch über das gute Preis-Leistungs-Verhältnis. „Ich habe selbst mal einen Töpferkurs gemacht und weiß, wie viel Arbeit drin steckt.“
Das kann Jens Frommhold aus Königsbrück bei Dresden nur bestätigen. Er ist Töpfer in fünfter Generation, „wir sind eine der ältesten Werkstätten“. Vom ersten Wittenberger Töpfermarkt an ist er dabei und immer gegenüber von Brillen-Wagner zu finden. Stammkundschaft gibt es bereits zahlreich, nicht wenige bestellen vorher telefonisch und lassen sich an diesem Wochenende quasi beliefern. Und so mancher Dresdner besucht den Stand sogar in Wittenberg.
Das klassische Blau am Geschirr in Beige herrscht bei Frommhold vor, meist als Punkt oder Blümchen. Es darf aber auch gern ein trendiges Rot mit weißen Punkten sein. Den Kunden sei durchaus bewusst, dass sie auf diesem Markt keine billige Massenware erwerben können, weiß er. „Viele sparen zum Teil darauf und leisten sich dann im September ein bis zwei neue Teile“, ist ihm das Qualitätsbewusstsein der Käufer an seinem Stand bekannt und natürlich auch recht.
Zwei Frauen aus Klöden haben etwas Passendes am Stand entdeckt. „Man versucht schon, immer beim gleichen Design zu bleiben. Aber das klappt nicht immer“, bedauert Martina Krüger. Dennoch, „Weihnachten steht vor der Tür“, hat Brigitte Bürst ein Argument gefunden, das Vorhandene zu ergänzen. Schön sei die Vielfalt und dass kein Stück wie das andere sei. „Alles ist Handarbeit“, schätzt Martina Krüger die Kreativität der Stücke.
Nicht wenige Besucher bummeln erst einmal an allen Regalen und Tischen vorbei, bevor sie sich entscheiden, vielleicht für strahlend-zeitloses Weiß, vielleicht für dunkle Farben wie bei Karina Hilbig. „Das ist mein Stil“, verweist die Frau aus Bad Belzig auf Steinzeug, sparsam dekoriert mit Ritzmuster und Rosenstempel.
Wittenberger Töpfermarkt: Vom Comic inspiriert
Oder sie lassen sich von „Comic-Keramik“ aus Bad Kissingen zum Kauf animieren. Lustige Tierfiguren auf Tellern und Butterdosen sowie freche Sprüche auf Untersetzern sind ein Markenzeichen beim Töpfer Marcel Reiß. „Ich töpfere, und für die Motive habe ich eine gelernte Porzellanmalerin“, erzählt der 41-Jährige. „Man muss sein Produkt finden“, weiß er um die Vielfalt des Wittenberger Marktes, aus der es herauszustechen gilt. Denn letztlich lebe er vom Verkauf, da müsse auch der Umsatz stimmen.
Auf der Treppe des Rathauses war es schon zu erahnen: das Kunstwerk, das die Töpfer im Spätherbst der Stadt Wittenberg schenken wollen. Alle am Markt beteiligten Handwerker und Künstler waren aufgerufen, eine Scheibe mit Fischmotiv zu gestalten. Den Fisch hatte Töpfermarkt-Organisatorin Petra Schütze aus Gräfenhainichen aus mehreren Gründen gewählt.
Zum einen, weil Ichthys als Fisch-Motiv aus dem Christentum bekannt ist (zwei gekrümmte Linien, die einen Fisch darstellen). Zum anderen, weil im Zuge des Reformationsjubiläums Besucherströme kamen, ähnlich wie Fischschwärme. Ob als Yin-Yang-Motiv, Kugelfisch, stilisiert oder lebensecht - etwa 70 waren am Wochenende schon zu sehen. Sie sollen künftig das Bürgerbüro im Wittenberger Neuen Rathaus zieren.
Tassen, Schüsseln, Teller, Suppenschalen, „ich habe das Standardprogramm dabei, allerdings mit meinen Motiven“, so Reiß. Seine Windspiele aus Keramik gehen recht gut, gerade hat ein Thüringer eines erstanden. Er mache ein paar Tage Urlaub hier, erzählt der Käufer, und sei eher zufällig da. „Außerdem, was macht man bei dem Wetter“, meint er beim Anblick des grauen Himmels. Genau, Geld ausgeben.
Letztlich, da stimmen alle Töpfer überein, ist Regen immer noch besser als Wind. „Da passiert ja nichts, es ist alles dicht“, sagt Jens Frommhold. Was jedoch bei zu starkem Wind kaputt gehe, sei verloren. „Das versichert einem niemand.“ Und nächstes Jahr, da kommt Frommhold natürlich wieder. „Das Hotelzimmer ist schon gebucht.“ (mz)

