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Zwischen Anzeige und Abwerbung

Von PETRA WOZNY 16.07.2009, 17:18

HOHENMÖLSEN/MZ. - Vier Frauen hat sie Arbeit gegeben. "Wir sind ein festes Team, das spüren auch unsere Kunden", sagt sie stolz. Nun aber sucht sie für eine ihrer Beschäftigten, die krankheitsbedingt ausfällt, Ersatz. "Ich könnte mich zerteilen", schildert die Chefin.

Über die Arbeitsagentur wollte sie dabei nicht gehen. "Das habe ich vor sechs Jahren gemacht. Nein, die Frauen, die sich vorstellten, entsprachen wirklich nicht meinen Ansprüchen", erinnert sich die Unternehmerin. Harnisch legt Wert auf fachliche Qualifizierung, selbstbewusstes Auftreten und eine ansprechende äußere Erscheinung. Mitunter habe sie sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass sich so manche Frau bei ihr nur beworben habe, um gegenüber dem Arbeitsamt ein Alibi zu haben. "Ich habe mir hier etwas aufgebaut. Jede neue Mitarbeiterin muss in das gesamte Gefüge passen. Das bin ich schließlich auch meinen Kunden schuldig", schildert Harnisch, die gewillt wäre, einer neuen Beschäftigten Verantwortung im Geschäft zu übertragen.

"Ich habe zwei Geschäfte und arbeite seit 35 Jahren. Jetzt mit über 50, möchte ich etwas kürzer treten", begründet sie ihren Wunsch.

Um ihn zu erfüllen, geht sie zu einer privaten Arbeitsvermittlung. Das Ergebnis ist niederschmetternd. "Ich suche eine Frisöse im Alter zwischen 23 und 35 Jahren. Ich achte auf Weiterbildung, doch bei Null wollte ich mit einer Neuen nicht anfangen. Da sollte man doch glauben, dass es da welche gibt, die Arbeit oder eine Veränderung im Job suchen. Doch nichts war", berichtet Carola Harnisch. So schaltet sie selbst eine Anzeige. Fünf Frauen stellen sich bei ihr vor.

Darunter Katja Chlebnicek aus Weißenfels. Die 23-Jährige ist alleinerziehend und will sich in ihrer Arbeit verändern. Über die Arbeitsagentur versucht sie es nicht. Vom Hörensagen weiß sie nichts Gutes. Leute, die über die Agentur vermittelt würden, kämen kaum über die Probezeit hinaus. Und selbst eine Anzeige schalten wollte sie nicht. "Das sieht dann so aus, als sei ich schon ewig ohne Job. Ich bin aber in Arbeit", argumentiert sie. Sie liest die Anzeige aus Hohenmölsen und fährt hin.

"Es ist richtig, dass Unternehmer auf der Suche nach Arbeitskräften mehrgleisig fahren. Viele Wege zu nutzen, halte ich für effizient. Gut, wenn dabei auch die Arbeitsagentur im Boot ist", sagt Annette von der Gönna. Sie ist Vermittlerin bei der Weißenfelser Arbeitsagentur. Aus ihrer Arbeit kennt sie gute Beispiele der Vermittlung, aber auch Vorbehalte von Mittelständlern. "In der Tat muss Topf und Deckel passen. Da macht es sich gut, dass jeder Arbeitgeber einen Betreuer zur Seite hat", schildert sie. Schwer sei wirklich die Vermittlung von Frisösen, aber auch Verkäuferinnen. "Frisöse ist zwar ein Traumberuf, aber er wird in der Regel nicht so gut bezahlt. Deshalb lernen die Frauen rasch um. Verkäuferinnen suchen sich, wenn sie Kinder haben, auch etwas ohne Schichtarbeit", weiß von der Gönna.

Auch Annett Straube, Boutiquebesitzerin in Weißenfels, benötigt dringend eine Mitarbeiterin. "Die Hilfe der Arbeitsagentur nehme ich nicht mehr in Anspruch. Ich habe keine guten Erfahrungen gemacht", schildert sie und fügt hinzu: "Häufig sind die Bewerberinnen viel zu lange aus dem Job raus. Ich benötige aber jemanden, der sofort fachlich kompetent mit den Kunden und der Ware umgeht."

Das verlange nicht nur sie, sondern sei ihre Stammkundschaft auch gewöhnt. Straube geht einen ungewöhnlichen Weg. Sie geht selbst in Boutiquen einkaufen, nimmt die Verkäuferin dabei in Augenschein und spricht sie - bei Gefallen - auf einen Jobwechsel an. Das Prinzip scheint zu klappen.

"Ich bin jetzt ganz zuversichtlich", sagt die Weißenfelserin lächelnd. Auch die Hohenmölsener Frisöse Carola Harnisch ist optimistisch. "Ich denke, mit Katja Chlebnicek könnte es etwas werden."