Woche der Schnapszahlen
Nessa/MZ. - "Ich dachte mir, dass ist Grund genug, die Verwandtschaft zu einer großen Familienfeier in Nessa zu versammeln", plauderte Grit Heym. 33 Gäste sollten es am Wochenende werden, doch drei haben kurzfristig abgesagt. Milda Heym hat vier Kinder, vier Enkel und sechs Urenkel. "Das hohe Alter liegt bei uns im Blut, schließlich ist meine Cousine schon 92 Jahre alt", erzählte die rüstige Frau mit einem Lächeln. Ihren Haushalt in Wernsdorf schmeißt sie noch allein. Allerdings den Garten habe sie aufgegeben, sagte sie. Hier wachse nur noch Gras. Einkaufen fährt sie mit Sohn Klaus und Schwiegertochter Gisela Heym. Am meisten freute sich die betagte Dame über die große Schar der Gratulanten, so klingelten Nachbarn, Heimatverein und Seniorenclub zum Jubiläum an der Tür. Und natürlich gab es schon am Dienstag ein kleines Kaffeekränzchen.
Die Älteste der Geburtstagskinder eröffnete übrigens am 9. Mai die familiäre Festwoche, Gisela Heym folgte zwei Tage spätermit ihrem Ehrentag , Grit am Freitag. Letztere kommentierte die Abfolge so: "Immer schön dem Alter entsprechend der Reihe nach."
Die organisatorischen Fäden der Vorbereitungen des Familienfestes übernahmen Sohn und Schwiegertochter. "Ich bin ein Nessaer Urgestein", plauderte der 67-jährige Sohn Klaus. Sein Leben lang blieb er bodenständig, arbeitete als Schlosser bei der LPG im Dorf. 1960 heiratete er seine Frau Gisela, deren Eltern einst die alte Fleischerei neben der Kirche betrieben. Hier scheint die Welt noch in Ordnung. Drei Generationen leben unter einem Dach. Und im Garten tummelt sich das Federvieh. Ein Pfau schlägt das Rad, während Fasan und Rebhuhn brüten. Farbenfrohe Kanaren warten auf Nachwuchs und die Hühner dürfen endlich wieder ins Freie. Auch beim Damwild kündigt sich schon Nachwuchs an.
"30 Jahre lang war ich der Schwanenvater von Nessa", sagt Klaus Heym stolz. Er habe halt ein Herz für Tiere. Und na klar, seine Lieblinge haben alle Namen. "Rudi, Pünktchen, Suse", ruft er nach dem Damwild und die zahmen Tiere kommen an den Zaun. Ehefrau Gisela genießt seit sechs Jahren das Rentnerdasein. Die gelernte Schneiderin arbeitete als Verkäuferin und übernahm nach der Wende den Konsum im Dorf. "Na klar mache ich meine Besorgungen noch heute im Dorfkonsum, habe Platten für den Geburtstag bestellt, kaufe hier mein Brot und frische Brötchen", erzählte sie. Doch zum Fest ließ sich die Jubilarin verwöhnen. Die Gaststätte im Dorf sorgte am Sonnabend für das leibliche Wohlergehen.
Die Kaffeetafel begann übrigens mit kleiner Verspätung. Alle warteten auf Grit, die in Halle wohnt. Bei der Anreise hatte sie mit ihrem Lebenspartner irgendwo leicht die Richtung verfehlt. Zur Eröffnung der Feier stellte sie dann aber klar: "Ich bin nicht schuld daran. Schuld hat mein Freund." Der sah es natürlich etwas anders.