Wirtschaftsstammtisch Wirtschaftsstammtisch: Am Ende steht Gewinn
Weissenfels/MZ. - Oh nein, langweilig ist das Leben für Roland Hirschfeld auch als Senior nicht. Der 69-Jährige wohnt seit 15 Jahre in Langendorf, hat einen großen Garten und allein dort genügend Beschäftigung. Da drängt es ihn auch gar nicht, sich anderen aufzudrängen oder sich krampfhaft noch eine andere Tätigkeit zu suchen.
Aber von einem kann er nicht lassen: vom Weißenfelser Wirtschaftsstammtisch. Einmal deshalb, weil er dieses Gremium ohne Vorstand, ohne Beschlusskraft, aber mit vielen Inhalten, vor 20 Jahren mit aus der Taufe gehoben hat. Und zum anderen, weil dort auch nach 20 Jahren Erfahrungen zum Austausch gefragt sind.
Und Erfahrung hat Roland Hirschfeld, der bis vor zehn Jahren Geschäftsführer des Elektroanlagenbaus in der Weißenfelser Nordstraße war. Er hat das Ende des volkseigenen Betriebes begleitet und den Neuanfang, einige erfolgreiche Jahre ebenso wie letztlich das Ende des Unternehmens, weil "wir dem Druck der Großen der Branche nicht Stand gehalten haben", sagt er zurückblickend.
Aus diesen Wechselfällen resultiert jede Menge an Erfahrung. "Man hat nicht die Zeit, alle Fehler selbst zu machen", meint er. Diese Erkenntnis sei ein wichtiger Grund gewesen, sich überhaupt zum Wirtschaftsstammtisch zusammenzufinden. "Die jungen Unternehmer hatten nach der politischen Wende ein großes Bedürfnis, miteinander zu reden", so Hirschfeld.
Der eine hatte finanzielle Fragen, der andere jede Menge Gründerprobleme, der nächste Ärger mit Behörden. Einer hatte diese Dinge schon hinter sich, der andere noch vor sich, also schritten die Unternehmer zur Selbsthilfe. Und mancher konnte so schon von anderen gemachte Fehler vermeiden
Ein gutes Dutzend Unternehmer und Geschäftsführer fand sich 1991 im Wirtschaftsclub zusammen, um sich gegenseitig zu helfen. Zwanzig Jahre feiert man heute, weil zwischendrin ein Jahr gelegen hat, in dem der Wirtschaftsclub eingeschlafen war, der dann 1995 als Stammtisch wiederbelebt wurde.
Von Anfang an mit von der Partie war die Industrie- und Handelskammer. Deren Weißenfelser Geschäftsstellenleiter Hans-Jürgen Stößer begleitet diesen Stammtisch bis heute, er lädt ein, er organisiert nach den Wünschen der Unternehmer Referenten und Gesprächspartner.
Er ist es auch, der ein wenig über die Regeln wacht, die sich die Mitglieder selbst gegeben haben. Bis heute ist der Stammtisch aber eine freiwillige Runde, in der schwere Themen ebenso gewälzt werden, wie lockere Plauderei gepflegt wird. Aber Am Ende steht immer irgendwie ein Erkenntnisgewinn.
"Deshalb bin ich ja auch dabei, weil ich mich weiterbilden, weil ich auch über neue wirtschaftliche Zusammenhänge informiert sein will, um mitreden zu können", sagt Hirschfeld. Andererseits interessiert die Unternehmer von heute, was der alte Hase ihnen noch zu sagen hat.
Für Hirschfeld ist es gleichsam faszinierend, zu sehen, wie in den Jahren der Generationswechsel stattgefunden hat. "Heute sind sogar schon die Kinder von damaligen Unternehmern mit am Stammtisch", sagt er. Und er nennt das Beispiel von Elke Simon-Kuch, deren Mutter als Gründerin der Simon-Werbung schon Mitglied des Gremiums gewesen ist.
Und genau so interessant findet es Hirschfeld, dass mittlerweile auch noch kaum jemand einer Einladung an den Wirtschaftsstammtisch, der aktuelle 54 Mitglieder hat, ausweichen kann und will. Landrat Harri Reiche (parteilos) ist ebenso regelmäßiger Gast wie auch der Weißenfelser Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos), Landtags- oder auch Bundestagsabgeordnete.