Winzer in Goseck Winzer in Goseck: Briten neugierig auf Wein

GOseck/MZ - „Wenn die kleinen Blütenaugen so richtig fett und samtig sind“, ist die Zeit reif für Dieter Bandke. Dann kann er seinen Wein wahrscheinlich noch in diesem Monat gegen Milben spritzen. Wie aber die Lese in einem guten halben Jahr ausfällt? Eine solche Prognose verkneift sich der 71-Jährige angesichts der vielen Unwägbarkeiten. Doch ein ordentliches Weinjahr wäre schon nicht schlecht angesichts des miserablen Ergebnisses, das im Vorjahr gegen null tendierte.
Denn sein Keller ist fast leer, aber Bandke versichert, dass er vom Jahrgang 2011 noch einige Flaschen auch für das Informationszentrum des Sonnenobservatoriums im Schloss habe. Dort gibt es immer interessierte Leute, die ein flüssiges Mitbringsel zu schätzen wüssten. Sogar in Großbritannien sei sein Wein bereits gelandet. Das Etikett ist dann ein Hingucker, zeigt es doch das Schloss auf einer alten Ansicht. Mit seinem Sohn Kai hat er es entworfen, nur ein paar kleine Veränderungen auch an der Schrift wurden letztlich noch vom Weingut Goldschmidt in Balgstädt, wo er seine Trauben keltern lässt, vorgenommen.
Dieter Bandke stammt aus Schlesien, kam als Vierjähriger nach Goseck und hat hier geheiratet. Quasi als Mitgift brachte seine Frau Birgit ein Stück vom nahen Hei-landsberg mit in die Ehe. Bis in die 1970er Jahre hat ihr Großvater dort gewirtschaftet, dann seien die Erträge bergab gegangen und auch viele Obstbäume gingen ein. Schon damals hatte der alte Mann, der 94 Jahre alt wurde, vor den kalten Wintern gewarnt, die die Stöcke schädigen würden. 2011/12 gab es einen solchen Frost. Bei der Hälfte der 300 Reben musste Bandke einen Schaden feststellen. Nach dem Zurückschneiden erholte sich ein Teil wieder, aber rund 75 Stöcke galt es zu ersetzen. 60 der Sorte Dornfelder sollen nun noch in die Erde und neben Müller-Thurgau und Portugieser gedeihen.
Der 71-Jährige, der noch ein Stück Land an den Ellerbüschen am Gosecker Ortseingang bewirtschaftet und neben Hühnern zwei Pferde hält, scheut die Arbeit nicht. Schon in DDR-Zeiten hatte er als Elektromonteur in den Weinbergen an Saale und Unstrut zu tun. Der ehemalige Gosecker Lehrer Erich Reisener erzählte ihm dann bei einem Glas Rebensaft, dass der Heilandsberg, der nahe des Gosecker Schlosses liegt, als Weinberg älter als der Dechantenberg sein dürfte. Was lag näher, als sich die Anbaurechte nach der Wende zu sichern. Und Bandke sagt: „Denn was einmal weg ist, kriegt man nie wieder und ich habe doch Wein für mein Leben gern.“ Nicht mal uralte Grauburgunder-Reben mag er roden, denn die bringen immer noch ihren Ertrag und schmecken sehr gut, meint er.
Den Spaß können ihm weder die viele Arbeit vom Verschneiden bis zum Spritzen noch Plünderer wie Waschbär und Fasan vergällen. Läuft alles gut, wirft der Berg soviel Wein ab, dass es für 200 Flaschen reicht, mit denen er Verwandte und Bekannte versorgt. Und an einigen sollen auch die Touristen ihre Freude haben, die nach Goseck kommen.