Willig und billig Willig und billig: Ist die Freiwillige Feuerwehr oftmals eine günstige Hilfstruppe?

Weissenfels - Wenn nach einem Autounfall im Burgenlandkreis eine Ölspur auf der Straße zurückbleibt, dann beseitigen diese nicht selten Kameraden der freiwilligen Feuerwehr. Allein im vergangenen Jahr hat es 174 solcher Fälle gegeben, teilt Ordnungsdezernent Dieter Engelhardt mit. Doch bestand tatsächlich jedes Mal Gefahr für die Umwelt, so dass ein Einsatz der Feuerwehren gerechtfertigt ist oder schultern diese nicht längst Aufgaben, für die eigentlich andere zuständig wären?
Kostengünstige Hilfstruppe
„Es kann davon ausgegangen werden, dass die Feuerwehr tatsächlich in den meisten Fällen als kostengünstige Straßenreinigungsfirma benutzt wurde, was auch mich ärgert“, kommentiert Dieter Engelhardt die Statistik. Wie viele der Einsätze genau unnötig waren, das sei nicht erfasst. Die Kritik an der Leitstelle des Burgenlandkreises ist in Zeiten des Wahlkampfs aber lauter geworden.
Der Vorsitzende der SPD im Burgenlandkreis und innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, hat ihr jüngst vorgeworfen, die freiwilligen Feuerwehren zu häufig als „kostengünstige Hilfstruppe“ auszunutzen. Ob die Kameraden als Tragehilfe für übergewichtige Patienten angefordert werden oder die Landeplätze von Rettungshubschraubern absichern sollen - die Leitstelle trage damit zur hohen Einsatzbelastung der freiwilligen Brandschützer bei, moniert Rüdiger Erben.
Feuerwehr als Tragehilfe in Pflegeheime gerufen
Bei manchem Feuerwehrmann trifft er damit einen Nerv. „Die Einsatzbelastung des Einzelnen ist so immens hoch“, kritisiert etwa der stellvertretende Weißenfelser Ortswehrleiter Steve Homberg. Er berichtet von Einsätzen, bei denen die Feuerwehr als Tragehilfe in Pflegeheime gerufen worden ist. Ohne, dass sich ein Mensch in einer akuten Notlage befand. „Das wird als normal empfunden. Das ist aber nicht normal“, so Steve Homberg.
Zugleich mahnt der stellvertretende Ortswehrleiter aber auch Nachsicht mit den Mitarbeitern der Leitstelle an. „Sie müssen in 30 bis 45 Sekunden eine Entscheidung treffen. Das ist nicht viel Zeit. Oft wird dann zugunsten des Patienten und zum Nachteil der Feuerwehr entschieden“, so Steve Homberg.
Reichlich Klärungsbedarf
Dezernent Dieter Engelhardt räumt ein, dass im konkreten Einzelfall die Kritik an einer Entscheidung der Kreisleitstelle durchaus berechtigt sein kann. „Gleichwohl ist dazu festzustellen, dass es das Bestreben der Kreisleitstelle ist, Einsätze für die kommunalen Feuerwehren so gering wie möglich zu halten“, sagt er. So würden beispielsweise Fehlentscheidungen im Nachgang besprochen, um unnötige Einsätze von freiwilligen Feuerwehrmännern auf ein Minimum zu reduzieren.
Offenbar gibt es aber noch reichlich Klärungsbedarf. So berichtet etwa Steve Homberg, dass die Feuerwehr Weißenfels im vergangenen Jahr zu mehr als 40 Nottüröffnungen gerufen worden ist. „Wir haben das fast einmal in der Woche“, erzählt er. Oft, weil ein Pflegedienst von dem Patienten nicht in die Wohnung gelassen worden ist. Warum werden für einen solchen Fall nicht Schlüssel bei Angehörigen oder Nachbarn hinterlegt, fragt sich der Feuerwehrmann. „Das kann man doch alles klären“, sagt Steve Homberg.
Rüdiger Erben plädiert dafür, die freiwilligen Feuerwehren der Region nicht auszunutzen. „Die Kameraden erbringen ihre Leistung im Ehrenamt, Arbeitgeber müssen sie freistellen. Das Engagement darf man nicht über Gebühr beanspruchen“, sagt er. Ähnlich sieht es Steve Homberg. Eine Ölspur zu beseitigen, das könnten auch andere. „Man kann ja eine Straße auch mal sperren“, schlägt er vor. (mz)