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Weißenfels Weißenfels: Dicke Kinder lernen richtig zu essen

Von Petra Wozny 27.03.2012, 19:05

Weissenfels/MZ. - "Fettkloß nennen sie mich in der Schule. Sie rufen mich nicht beim Namen, sondern sagen nur: Eh, Klops komm mal her. Ich finde das gemein." Yves Ködel fällt es schwer, über die Schimpfworte, die er tagein, tagaus aushalten muss und sein Übergewicht zu reden. Das geht auch Erik-Peter und Jasmine Meiser so. Die elfjährigen Zwillinge sind 1,41 Meter groß und bringen bis zu 55 Kilo auf die Waage. "Sie essen kräftig", meint ihre Mutter Bianka Meisel. Auch Pascal Tietz liebt viel Essen, hauptsächlich Döner und Süßigkeiten. Der elfjährige Junge weiß, dass er viel zu viel auf den Rippen und zu schlechte Noten im Sport hat. "Sagen andere zu mir: Du bis fett, stimmt das zwar, aber ich raste aus."

Die vier Kinder wollen nicht mehr dick sein und gehänselt werden. Dafür beteiligen sie sich gemeinsam mit weiteren 16 Kindern und Jugendlichen im Alter von acht bis 18 Jahren an einem einjährigen einzigartigen Schulungsprogramm in der Kinderklinik der Weißenfelser Asklepios-Klinik. Bevor Chefarzt Daniel Windschall auf dieses Projekt eingeht, beglückwünscht er die Klienten zu ihrem Mut. "Es ist nicht einfach, seine Lebensgewohnheiten zu ändern. Ihr wollt es in den kommenden zwölf Monaten versuchen. Dabei wird euch unser Klinikteam intensiv unterstützen."

Experten gehen davon aus, dass rund 15 Prozent der Kinder übergewichtig und davon sogar bis zu sieben Prozent fettsüchtig sind. Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Schäden am Bewegungsapparat seien dadurch häufig die Folge. Vor etwa zwei Jahren sei der Kinderarzt mit der Kraaibeek GmbH zusammengekommen. Die bietet das Langzeitprogramm move & eat & more für übergewichtige und fettsüchtige Kinder an. "Es ist interdisziplinär und auf lange Zeit ausgerichtet", erklärt Margarete Nowag von diesem Unternehmen. Neben Kinderärzten stehen den Probanden auch Ernährungsberater, Psychologen und Physiotherapeuten zur Seite. An 22 Standorten in Deutschland sei das Therapieprogramm bisher zum Einsatz gekommen. Weißenfels und hier speziell die Kinderklinik der Asklepios Klinik ist der erste Standort in Sachsen-Anhalt. "Die wichtigen Elemente Ernährung, Bewegung und Psychologie werden in diesem Schulungsprogramm - wöchentlich sind es zwei Stunden - sinnvoll miteinander vereint", so der Kinderarzt. "Nicht etwa im Schnellkurs von acht Wochen, sondern schrittweise über ein ganzes Jahr, in dem auch das Elternhaus einbezogen ist." Da das Programm von den Krankenkassen anerkannt wird, tragen diese in vielen Fällen auch die Kosten. "Auch die Allgemeine Ortskrankenkasse unterstützt es. Es zeigt sich, dass die Zahl der übergewichtigen Kinder stetig steigt. Das müssen wir ernst nehmen", erläutert AOK-Präventionsberaterin Christina Weißenberg. Die Gesundheitskasse übernehme für jedes AOK-versicherte Kind die Kosten, das sind immerhin rund 1 600 Euro. Lediglich die Kosten für Schulungsmaterialien und für zwei Kochlehrgänge von 62 Euro sind von den Familien zu tragen.

Yves aus Weißenfels will durchhalten, auch wenn er weiß, dass es nicht leicht wird. Mutter Ines Ködel will ihren Jungen dabei unterstützen und besucht das Therapieprogramm mit.