Weißenfels Weißenfels: Ärztin fühlt ihren Patienten auf den Zahn
WEISSENFELS/MZ. - Unter einer großen grünen Plane steht der Container, der mit einem großen Vorzelt verbunden ist, in dem gut und gern 20 Menschen Platz finden. Nichts Spektakuläres deutet darauf hin, dass sich auf einer Fläche von sechs Metern mal 2,40 Metern ein Wert von 1,5 Millionen Euro verbirgt. Gleich neben dem Container, die Militärs sprechen von einem Modul, befindet sich der Technikraum. Eine Röntgenaufnahme anfertigen? Kein Problem. "Unser Container kann mit jeder zivilen Praxis mithalten", sagte Oberfeldarzt Dirk Wachter. Über acht solcher Module verfügt die Bundeswehr derzeit. Da am Weißenfelser Standort seit April vergangenen Jahres Umbauarbeiten stattfinden, wurde ein Container aus Berlin geholt. Jeder Angehörige der Bundeswehr in Weißenfels, der einen Zahnarzt aufsuchen möchte, muss sich noch bis April nächsten Jahres dorthin begeben. Danach steht ein saniertes Gebäude für die stomatologische Behandlung der Soldaten bereit.
Wird der zusammenklappbare Container vom Lkw abgeladen und aufgebaut, ist er theoretisch innerhalb von fünf Stunden einsatzbereit, versicherte Presseoffizier Major Marc Stümmler. Fällt ein Gerät aus oder geht sonst irgendetwas kaputt steht für Reparaturen ein Team von Spezialisten bereit, die alles instandsetzen und ohnehin regelmäßig Wartungen vornehmen. "Dieses Modulsystem, das in drei verschiedene Varianten aufgebaut werden kann, ist einzigartig in der Welt", ergänzte Stümmler. Die vor gut zehn Jahren entwickelten Container können rund um den Erdball eingesetzt werden. Aus technischer Sicht können diese extreme Temperaturschwankungen ausgleichen - tagsüber bis zu 50 Grad Celsius in der Sonne, nachts bis minus 25 Grad. Dank Klimaanlage dringt nicht mal ein Staubkörnchen in den Raum.
Doch der Container leistet nicht nur in der Stadt an der Saale gute Dienste, sondern er wurde auch in Afghanistan vorübergehend eingesetzt, wie Dirk Wachter bestätigte.
Mit dem Einsatz dieser Modulsysteme im Ausland verfolgt die Bundeswehr das Ziel, die Dienstfähigkeit zu erhalten, erklärte der Oberfeldarzt. Denn aus dem Land am Hindukusch einen Soldaten mit Zahnschmerzen nach Hause zu transportieren, macht keinen Sinn. Ein viertel Jahr leistete Wachter 2007 in Kabul medizinische Hilfe. Er berichtete, dass bei freier Kapazität auch afghanische Menschen den Container nutzen konnten.
Anja Ehmann sammelte ebenfalls Auslandserfahrung - sie linderte 2003 drei Monate lang in Sarajevo im Container die Schmerzen von Soldaten aus 20 Nationen: Da kamen Kanadier ebenso zu ihr wie Ukrainer und Franzosen. Wer sich nicht auf Englisch verständigen konnte, hatte die Möglichkeit, einen Sprachmittler einzubeziehen. "Ich hatte den ganzen Tag straff zu tun. Von der einfachen Schmerzlinderung bis hin zur tief greifenden Wurzelbehandlung", erzählte sie.
Es sei vor allem interessant gewesen, die verschiedenen Mentalitäten kennen zu lernen. "Wenn beispielsweise ein italienischer Soldat kam, standen immer gleich fünf, sechs andere Begleiter um ihn herum und gaben lautstark ihren Kommentar ab, wie der Zahn behandelt werden muss. Es hatte mit einer familiären Situation etwas zu tun", fügte Anja Ehmann hinzu. Und während sie die nette Episode erzählte, musste sie darüber lächeln. Den Einsatz im Container empfindet sie als Bereicherung ihrer Arbeit. Das Einzige, an das man sich bei der zahnärztlichen Arbeit schlecht gewöhnen könne, sei das fehlende Tageslicht. Ab und zu sei deshalb der Gang an die frische Luft nötig gewesen.
Wann die Container wieder eingesetzt werden, könne niemand sagen. Entscheidend sei das politische Mandat, so Marc Stümmler.
Lesen Sie am Mittwoch: Blick in das alte Pfarrhaus in Goldschau.