Weißenfels Weißenfels: Adler schweben auf den Bismarckturm
Weissenfels/MZ. - Für Marcel Kosmender, Michael Patzer und Daniel Kittler ist es ein besonderer Moment. Sie haben in jeweils hundert Stunden aus den zwei grauen Sandsteinblöcken aus Cotta im Elbsandsteingebirge die Vögel herausgeschnitten. Kosten pro Adler: Etwa 6 300 Euro. Gelder, die durch beispiellose Spenden zusammen gekommen sind.
"Als die ersten beiden Adler auf den Turm kamen, hatte ich Tränen in den Augen", erinnert sich Gerhard Kretzschmann an den 8. Mai 2010. Der Mann gehört mit weiteren 58 Mitgliedern zum Bismarckturmverein aus gutem Grund. Er selbst ist zehn Jahre alt, als vor 50 Jahren Bergsteiger den Turm hinaufklettern. Sie binden Stricke um die Adler und reißen sie herunter. Nichts soll an die "alten" Zeiten erinnern. Gerhard Kretzmann sieht zu, als Panzer die Trümmer in der August-Bebel-Straße, heute Bismarckstraße, breitfahren. Aber er weiß, dass ein Kopf eines Adlers einen Hang auf der anderen Seite des Turmes heruntergekullert ist. Mit anderen Kindern rollt er ihn heimlich hinauf. Anschließend buddeln die Knirpse ein Loch und vergraben ihn. Später, da gibt es den Bismarckturmverein schon und Gerhard Kretzschmann ist erwachsen, entdeckt er ihn auf einem nahe gelegenen Grundstück.
Dieser Kopf wird Hinweise für die Nachbauten geben. Daniel Kittler kann durch ihn etwa die Proportionen der Originale einschätzen und die Adler nachbauen. "Das hat uns damals keiner geglaubt", sagt Vorsitzender Falk Ritzmann rückblickend. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Nun sollen noch 30 000 Euro in den Turm und etwa 40 000 Euro in die Außenanlagen fließen. Dann ist der Zeitzeuge wieder hergestellt, dessen Bau seit 1902 ein Wunsch der Bürger gewesen ist. Sie sammelten 21 000 Reichsmark und 1907 wurde der Turm eingeweiht. Heute gibt es weltweit noch 172 Türme. 148 von ihnen sind in Deutschland zu finden, und 16 Türme stehen in Sachsen-Anhalt, sagt Falk Ritzmann und bekommt langsam Nackenschmerzen. Aber es ist zu faszinierend, wie der letzte, der vierte Adler in hohen Lüften am Seilzug langsam zu seinem Platz schwebt.