Wechsel von Elektrik zur Theologie
Weißenfels/MZ. - Eine Steckdose an die Wand zu schrauben traut sich Annette-Christine Lenk ohne weiteres zu. Alle andere Elektrik bleibe aber tabu. "Da vergreif ich mich nicht dran", wehrt sie lachend ab. Dabei ist Elektriker der Beruf, den sie gelernt hat in den siebziger Jahren - der Pfarrerstochter war der Besuch der Oberschule in der DDR verwehrt und sie absolvierte eine Berufsausbildung mit Abitur im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf.
Eine gute Schule fürs Leben sei das gewesen, schaut sie ohne Bedauern zurück. Und eigentlich wollte sie damals im Fach bleiben, liebäugelte mit dem Ingenieurstudium. Weil sie aber unbedingt in Berlin bleiben wollte, kam alles anders: Sie studierte Theologie, wurde Seelsorgerin. "Ich hab erst nach dem Studium gewusst - das ist der Beruf, den du wolltest", bekennt sie. Lange hatte sie sich dagegen gewehrt. Schließlich wusste sie aus eigenem Erleben, was ein Pfarramt für die ganze Familie bedeutet.
1987 trat sie ihre erste Pfarrstelle an in Hohenweiden, seit zehn Jahren ist Annette-Christine Lenk Superintendentin des Kirchenkreises Merseburg. Die jüngste in der gesamten Kirchenprovinz sei sie damals gewesen und mit großen Erwartungen, hohem Anspruch und viel Idealismus an die Arbeit gegangen, weiß die heute 45-Jährige noch genau. Sicher auch mit einer Portion Unbekümmertheit, die sie inzwischen nicht mehr hat. Geblieben ist die Leidenschaft, mit der die Pfarrerin in ihrem Amt aufgeht.
Die Umbrüche während der ersten Amtszeit - Fusionen, neue Strukturen, - verliefen nicht ohne Konflikte. Am nachhaltigsten erlebte sie das im Personalbereich; dass ihr das so nahe geht, hätte sie vorher kaum geglaubt. An andere stellt sie die gleichen Ansprüche wie an sich - das könne auch ein Fallstrick sein, meint sie nachdenklich. Dennoch mag sie in bestimmten Positionen keine Abstriche machen: Ein Pfarrer muss sich mit der Schrift auseinander setzen, mit Sorgfalt die seelsorgerischen Aufgaben erfüllen und in der Öffentlichkeit nicht vergessen, dass er Pfarrer sei. "Wahrhaftigkeit" ist es, was sie verlangt. Annette Lenk ist gern und oft in den Gemeinden. Sie sucht das Gespräch mit den Gemeindegliedern, gibt Zuspruch, greift Probleme auf, will Vertrauen nicht enttäuschen. "Im Grunde", weiß die vierfache Mutter (Christoph ist 24, Johannes 23, Felicitas drei Jahre und Laetitia zehn Monate), die in Merseburg wohnt, "bin ich immer die Superintendentin." Selbst beim Spaziergang mit den kleinen Töchtern. Die Abgrenzung des Privatlebens ist schwierig.
Für Pfarrerin Lenk hat die Welt ebenso wie ihre Beziehung zu Gott nichts Statisches. "Ich werd' wohl nie eine Fix- und Fertige sein", sagt sie über sich selbst. Sich auseinandersetzen, Fragen stellen, ja auch das Hadern mit Gott gehört ebenso dazu wie das Urvertrauen. "Im Härtefall", hat sie selbst erlebt, "wirst du getragen werden. Wenn du diese Kraft brauchst, ist sie da."