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Vom Pillendreher zum Dienstleister

Von Petra Wozny 09.02.2007, 18:30

Lützen/MZ. - Jetzt hat der gestandene Pharmazeut den Staffelstab übergeben. Der Nachfolger ist eine Sie und 38 Jahre jünger als er. Ein Jahr noch werden beide, der Seniorchef Dietmar Anker und die neue Leiterin Anja Hause, in der Apotheke zusammen arbeiten. Der eine, um sich langsam abzunabeln und um seine Erfahrungen weiter zu geben. Die andere, um sich einzufuchsen und von diesen Erfahrungen zu lernen.

Mehr als vier Jahrzehnte hat Dietmar Anker Medizin unter das Volk gebracht. Zu DDR-Zeiten habe der Anteil der selbst hergestellten Arzneien sehr hoch gelegen. "Salben, Tabletten, Zäpfchen und hunderte Liter Hustensaft haben die Mitarbeiter hergestellt", erinnert sich Dietmar Anker. Vieles habe es nur auf Zuteilung gegeben. Der Staat lenkte die ausgewählten Medikamente, auch Fieberthermometer und Zellstoff. "Unter Kollegen und Freunden haben wir die Kontingente wieder umverteilt, so dass unsere Patienten im wesentlichen ihre Medikamente bekamen." Nicht immer habe er an die Lützener Spitzenprodukte ausreichen können, aber die Grundversorgung sei stets gesichert gewesen.

Nach der Wende wird alles anders. Anker entschließt sich, die Apotheke, heute eine von 21 im Landkreis, privat weiter zu führen und steckt viel Geld in das Haus. Nicht nur neue Regale, Licht und ein modernes analytisches Labor veränderten den Charakter der Einrichtung. Gab es zu DDR-Zeiten etwa 2 000 Medikamente, so sind es jetzt mehr als 100 000 und für ein Produkt mitunter 20 Hersteller. "Zur Flut der pharmazeutischen Produkte kamen die Preisgestaltung, die Rabatte, die Verhandlungen mit den Banken und Vertretern", schildert Anker. Bei manchem habe er auch umdenken müssen. Bonbons oder Kosmetik in der Apotheke - das sei zu DDR-Zeiten ungewöhnlich gewesen. "Natürlich leben wir auch heute noch von den Verordnungen. 15 Prozent kommen durch den freien Verkauf dazu und vier Prozent summieren sich durch die Randsortimente", rechnet der ehemalige Chef.

Bauchschmerzen bekomme er beim Thema Internet-Versand von Medikamenten. Auch Anja Hause zieht die Stirn kraus. "Ich lehne Internet-Apotheken ab", sagt Anker kategorisch. Die Apotheke um die Ecke erfüllt aus seiner Sicht unschätzbare Dienste. Sie sei dem Brief, Fax oder Internet eindeutig überlegen. Die persönliche Beratung, auf die er größten Wert lege, fehle. Versandzeiten brächten die Behandlung in Verzug. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die Qualität der Medizin auf dem Postweg erhalten bleibe.

Anja Hause pocht auf Kompetenz. "Fast jeder Kunde hat Fragen beim Erhalt der Medikamente, die wir sachkundig beantworten. Diese Dienstleistung zählt, wenn man seinen Beruf ernst nimmt", meint sie selbstbewusst. Zum Wandel der Apotheke in den vergangenen Jahrzehnten gehört auch die Entwicklung zum Gesundheitszentrum - ein Charakteristikum, das der neuen Chefin Anja Hause gefällt.

Die werbende Empfehlung, den Arzt oder Apotheker zu fragen, gibt sie gern an ihre Kunden weiter. Verantwortungsvoll arbeiten und Vertrauen genießen - das sind für die studierte Pharmazeutin zwei Seiten einer Medaille. Auf dem Gebiet der Ernährungsberatung und Homöopathie will sie den Kunden unter anderem fachkundig zur Seite stehen.