Tag der seltenen Erkrankungen Tag der seltenen Erkrankungen: Zehnjährige leidet an Rheuma
weissenfels - Derzeit geht es Annalena Pflugrad gut. Obwohl die Zehnjährige aus Taugwitz (nahe Eckartsberga) seit Ende Januar im Weißenfelser Krankenhaus liegt. Das Mädchen liest viel, hört Radio oder schaut Fernsehen. Langeweile? „Nöö“, sagt sie schmunzelnd.
Dabei liegen ganz andere Zeiten hinter ihr. Irgendwann im vergangenen Jahr klagte das Mädchen über Schmerzen, alles tue ihr weh. Die nahmen von Tag zu Tag zu. Nicht mal den Füllfederhalter konnte sie halten. Am Ende musste sie sich gar unter Tränen anziehen. „Meine Eltern dachten bestimmt, ich will nicht zur Schule“, erinnert sie sich. „Na ja, so ein bisschen war es schon“, gesteht ihr Vater Peter.
Gelenke stark angeschwollen
Doch als Annalena nicht aufhörte zu klagen, wurden die Eltern stutzig und fuhren mit ihr ins Krankenhaus nach Naumburg. Mittlerweile waren die Gelenke stark angeschwollen. In Naumburg hatte man wohl einen Verdacht, überwies das Kind aber vorsichtshalber nach Weißenfels. Hier wurde eindeutig festgestellt: Rheuma. „Als wir die Diagnose hörten, haben wir erst einmal einen Schock bekommen“, fügt der Vater hinzu. Um ihrem Kind beizustehen, haben der Vater und die Mutter, sie ist im Pflegedienst tätig, bei Annalena im Zimmer abwechselnd mit übernachtet. Dass ein Erwachsener ständig bei dem Kind sein müsse, sei nicht zwingend erforderlich, erklärt Chefarzt Daniel Windschall.
Es werde aber allen Eltern angeboten. „Die ersten drei Wochen war meine Frau hier, jetzt bin ich an der Reihe“, so Peter Pflugrad, der in der Landwirtschaft arbeitet. Jetzt, wo es draußen immer wärmer werde, werde er natürlich auf Arbeit dringend gebraucht.
Mitschüler kommen zu Besuch
Doch davon bekommt Annalena nichts weiter mit. Inzwischen hat sich alles schon wieder eingespielt. „Da müssen wir durch“, sagt Peter Pflugrad. Dass Ältere an Rheuma erkranken, das habe er schon oft gehört. „Aber Kinder?“ Annalena scheinen die Aussagen ihres Vaters nicht allzu viele Sorgen zu bereiten, denn sie kommt sofort auf den Besuch der drei Schüler aus ihrer Klasse zu sprechen, die dagewesen seien. Das habe ihr gut gefallen. Auch der Vater findet es prima, dass sich die Mitschüler so kümmern. Um den Anschluss an die Leistungen in der Schule nicht ganz zu verlieren, bringen etliche Kinder aus der Klasse die Hausaufgaben zu den Eltern und diese dann mit ins Krankenhaus - Annalena kann dort üben. Doch die Hausaufgaben stehen momentan nicht im Vordergrund. Erst einmal müsse das Kind wieder auf die Beine kommen.
Beim systemischen Lupus erythematodes ist das Immunsystem aus noch unbekannten Ursachen verändert und bekämpft den eigenen Körper. Folge: Hautveränderungen, Entzündungen der Gefäße, Gelenke, Nerven, Muskeln oder verschiedener Organe. Fast immer fühlen sich die Betroffenen müde, sind nicht mehr so leistungsfähig wie früher, lustlos und wie zerschlagen. Häufig kommt es zu leicht erhöhten Temperaturen, unerklärlichem Gewichtsverlust und leichtem Haarausfall.
Am 29. Februar 2016 findet der Tag der seltenen Erkrankungen statt. Seit acht Jahren vereinen sich immer am letzten Tag im Februar Menschen auf der ganzen Welt, um gemeinsam auf Anliegen und Probleme der „Waisen der Medizin“ aufmerksam zu machen. Hauptziel des Tages ist es, Bewusstsein für seltene Krankheiten und ihre Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Menschen zu schaffen. In Deutschland leben etwa vier Millionen Menschen mit einer seltenen Krankheit.
Der promovierte Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, weist darauf hin, dass es sich bei Annalena um eine besonders schwere und seltene Form von Rheuma handele, eine rheumatische Erkrankung mit Gelenk- und Nierenentzündung, eine sogenannte Kollagenose. In Europa leidet einer von 2.500 Menschen daran. Wahrscheinlich zeitlebens müsse das Kind Medikamente einnehmen. Möglich, dass die Krankheit in Schüben verläuft. „Mit der Krankheit muss Annalena leben, die Erkrankung ist aktuell nicht heilbar“, so der Chefarzt, der weiterhin aufklärt: Systemischer Lupus erythematodes ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die verschiedene Körperorgane, insbesondere Haut, Gelenke, Blut, Nieren und das zentrale Nervensystem befallen kann. „Autoimmun bedeutet, dass eine Fehlfunktion des Immunsystems vorliegt, dass das körpereigene Gewebe des Patienten angreift, anstatt den Körper nur vor Bakterien und Viren zu schützen“, so Daniel Windschall. Er bittet Eltern, deren Kinder über Gelenkschmerzen klagen, sich bei einem Facharzt vorzustellen. Es werde nicht selten gezögert. Vom Auftreten des ersten Symptoms bis zur Erstvorstellung beim Kinderrheumatologen vergehen mehr als die angestrebten sechs bis acht Wochen. Kinder nehmen oft schmerzentlastende Schonhaltungen ein und vermeiden bestimmte Bewegungen, berichtet der Chefarzt weiterhin.
Pro Quartal werden in Weißenfels durchschnittlich 120 Kinder im Alter von einem bis 18 Jahre gegen Rheuma behandelt. Die Weißenfelser Klinik ist bei Kindern unter anderem auf diese Krankheit spezialisiert. (mz)