«Stolpersteine» setzen Zeichen gegen Vergessen
WEISSENFELS/MZ. - Ein kleiner Betonstein wird am Morgen in den Fußweg vor dem Grundstück Weinbergstraße 7 in Weißenfels versenkt. Auf einer Messingplatte ist der Name Walter Scheyer eingraviert. Geboren wurde er am 2. Januar 1912 in Weißenfels und seine letzte Wohnung war hier in der Weinbergstraße.
Mehr kann Dieter Bernecker vom Weißenfelser Simon-Rau-Zentrum am Freitag zum Schicksal des Juden nicht sagen. Denn dieser ist bis heute verschollen. Mit dem Einsetzen weiterer Betonsteine wird in Weißenfels das europaweite Kunstprojekt "Stolpersteine" fortgesetzt. "Mit den Erinnerungssteinen lassen wir Menschen heraustreten aus der Masse der Millionen ermordeter Juden", sagt Uta Bernecker, die ebenfalls in dem nach dem ehemaligen Kantor der jüdischen Gemeinde in Weißenfels benannten Simon-Rau-Zentrum aktiv ist.
Wenig später versammelt sich ein knappes Dutzend Menschen vor dem Grundstück Beuditzstraße 31. Dort werden nebeneinander gleich zwei Betonsteine in die Erde gelassen. Sie erinnern an Marie und Julius Fleischer. Mutter und Sohn wohnten hier, bis sie am
29. November 1941 nach Riga deportiert und zwei Tage später ermordet wurden. Recherchen zu diesen Schicksalen hat der Weißenfelser Karl-Heinz Hoffmann mit Unterstützung des Stadtarchivs angestellt. Während der Verlegung spricht Uta Bernecker von "Steinen der Hoffnung", die daran erinnern sollen, dass eine Ideologie den jüdischen Menschen das Recht auf Leben abgesprochen hatte.
Vor Ort ist an diesem Vormittag auch der Schöpfer der Messingplatten, der Kölner Künstler Gunter Demnig. In halb Europa ist er zurzeit wieder unterwegs, um Steine zur Erinnerung an jüdische Schicksale zu verlegen. Auf dem Weg von Köln über Leipzig bis ins tschechische Ostrava macht er in Weißenfels Station, wo er bereits vor zwei Jahren die ersten zehn "Stolpersteine" unter anderem in der Jüdenstraße mit verlegt hatte. "Erinnerung darf nicht anonym bleiben", sagt Demnig zum Anliegen seines von zahlreichen Sponsoren unterstützten Projekts.
Nach der Aktion am Freitag sollen noch in diesem Sommer weitere Steine in Weißenfels hinzukommen. "Angehörige von Ermordeten wollten unbedingt dabei sein. Deshalb haben wir die Verlegung einiger Steine verschoben", blickt Uta Bernecker voraus.