Stefan Scholz der Aufbauhelfer Stefan Scholz der Aufbauhelfer: Geschäftsführer der Arbeitsagentur mit schwieriger Mission

Weißenfels - Wenn diese Zeilen erscheinen, dann ist er gerade wieder für ein paar Tage in jenem Land, das zurzeit die Schlagzeilen beherrscht wie kein anderes: Griechenland. Dort arbeitet Stefan Scholz, der neue Vorsitzende der Geschäftsführung der Weißenfelser Agentur für Arbeit, zusammen mit anderen als Aufbauhelfer an einer denkbar schwierigen Aufgabe.
„Ich bin beteiligt an einem Projekt zur Umstrukturierung der griechischen Arbeitsverwaltung“, erklärt Scholz. Im Auftrag der Europäischen Kommission für Beschäftigung seien daran neben Deutschland und Griechenland Schweden und Großbritannien beteiligt. Arbeitsverwaltung, Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, Berufsberatung - alles Felder, die dem 50-jährigen Thüringer keineswegs fremd sind. Immerhin ist er seit 1991 in verschiedenen Bereichen der Bundesagentur für Arbeit tätig.
Griechenland - ein mühsames Geschäft und rutschiges Parkett noch dazu. Diese Erfahrung hat auch Scholz mittlerweile gemacht. „Wir haben nicht wirklich arbeitsfähige Strukturen vorgefunden“, blickt er auf die Anfänge im Jahr 2013 zurück. Damals habe ein Vermittler ungefähr 3000 Arbeitslose betreut. „Das geht gar nicht“, meint Scholz.
In der hiesigen Arbeitsagentur liege das Verhältnis bei etwa eins zu 160. Mittlerweile habe sich die Situation auch in Griechenland leicht entspannt. Immerhin kämen heute auf einen Arbeitsvermittler „nur noch“ etwa 1800 Arbeitslose. Noch immer aber liege die Jugendarbeitslosigkeit bei über 50 Prozent. „Mehr als die Hälfte der jungen Griechen ist ohne Perspektive. Da geht ein Bruch durch die Gesellschaft“, beschreibt er die komplizierte Situation in dem südosteuropäischen Land.
Arbeitslosenquote bei Zehn-Prozent-Marke
Wenn Scholz dieser Tage wieder in Griechenland hilft, dann bringt er jede Menge Erfahrung mit. Seit 2001 war er in verschiedenen Projekten der EU als Berater für Fragen des Arbeits- und Ausbildungsmarktes tätig: in Lettland und Rumänien, Mazedonien, Kroatien und Serbien. Und er kann nachempfinden, welch schwere Arbeit derzeit jene Politiker leisten müssen, die um Lösungen für Griechenlands Schuldenkrise ringen. Der vielzitierte Grexit, der Austritt des Landes aus der Eurozone, war für ihn nie eine Alternative. „Weil das Vertrauen in den Euro verlorengeht“, meint der Chef der Weißenfelser Arbeitsagentur.
Die Arbeitslosigkeit hatte Ende Juni im Burgenlandkreis mit zehn Prozent einen vorläufigen Tiefststand erreicht. Mit 9,4 Prozent war die Erwerbslosenquote im Bereich Naumburg am niedrigsten, im Bereich Weißenfels betrug sie 10,2 Prozent und in Zeitz 10,5 Prozent.
Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren betrug Ende Juni 615. Der Statistik zufolge konnte ihre Zahl gegenüber dem Vorjahr um 131 beziehungsweise 17,6 Prozent gesenkt werden, was noch über dem Landesdurchschnitt Sachsen-Anhalts liegt. Ende Juni waren im Bereich der Weißenfelser Arbeitsagentur 3 635 Männer und Frauen länger als ein Jahr ohne Beschäftigung und damit langzeitarbeitslos. (ari)
Die Agentur, das bleibe natürlich seine Hauptaufgabe, betont der neue Vorsitzende. Auch wenn er weiß, dass die Mission auf dem griechischen Arbeitsmarkt nicht wie ursprünglich geplant Ende dieses Jahres zu Ende sein wird. Zu tief liegen die Probleme in dem Land. Probleme, angesichts derer sich der Schluss aufdrängt, dass Scholz im Burgenlandkreis ein bestens bestelltes Feld vorfindet. Die Startvorlage jedenfalls war beachtlich: Zum ersten Mal lag Ende Juni die Arbeitslosenquote im Burgenlandkreis bei zehn Prozent. Und für die nächsten Monate ist er zuversichtlich: „Ich rechne damit, dass wir die Zehn-Prozent-Marke im Herbst reißen werden“, sagte er. Stützt sich dabei auch auf eine Fachkräftestudie des Landes Sachsen-Anhalt, die dem Südzipfel des Landes die größte wirtschaftliche Dynamik bescheinigt.
„Oft stimmt die Chemie nicht“
Doch Scholz will keine Zahlenhascherei betreiben. Für seine Tätigkeit auf dem Chefsessel der Arbeitsagentur setzt er klare Akzente. Ja, die Vermittlung von Arbeitslosen und Besetzung freier Stellen der Unternehmen, das bleibe auch unter seiner Leitung das Kerngeschäft. Doch er verhehlt nicht, was ihn sorgt. Immer öfter erreiche man einen Punkt, an dem die Kompetenzen der Arbeitslosen nicht mit den Anforderungen der Arbeitgeber zusammenpassen. „Oft stimmt die Chemie nicht“, meint Scholz, der mit Frau und neunjährigem Sohn in Gera wohnt.
Mit der assistierten Ausbildung wolle man deshalb ab 1. September einen neuen Weg gehen. Zunächst werde ein Coach eingestellt, der sich um etwa zwanzig Jugendliche kümmern und versuchen werde, ihnen eine erfolgreiche Ausbildung zu ermöglichen. „Wir brauchen mehr Wahrheit in der Berufsorientierung“, so Scholz. Soll heißen: Jugendliche müssten besser darauf vorbereitet werden, was sie in ihrem künftigen Beruf erwartet. Arbeit am Wochenende und in Schichten zum Beispiel. Manche Praktika gehen für ihn bisweilen zu weit an der Lebenswahrheit vorbei.
Und schließlich bringt der Neue auch auf einem anderen Gebiet reichlich Erfahrung mit. Betreute er doch zuletzt in der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesarbeitsagentur den Bereich „Markt und Integration“. „Die Sprache ist erst einmal das Entscheidende“, weiß Scholz, wenn es um die Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt geht. Deshalb auch begrüßt er es, dass das Land jetzt Möglichkeiten dafür geschaffen hat, Asylbewerbern Grundkurse in der deutschen Sprache anzubieten.