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Seit 25 Jahren Fahrlehrerin Seit 25 Jahren Fahrlehrerin: Anett Loth hat alles unter einen Hut gebracht

Von Klaus-Dieter Kunick 21.09.2015, 18:53
Zum Autofahren zählt nicht nur die Beherrschung aller Straßenverkehrsregeln, sondern auch technisches Verständnis, hier beispielsweise bei den Bremsen. All das beherrscht Fahrlehrerin Anett Loth aus Weißenfels.
Zum Autofahren zählt nicht nur die Beherrschung aller Straßenverkehrsregeln, sondern auch technisches Verständnis, hier beispielsweise bei den Bremsen. All das beherrscht Fahrlehrerin Anett Loth aus Weißenfels. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - „Nein, nein, nur durch die Gegend lasse ich mich nicht fahren, das wäre schön“, sagt Anett Loth schmunzelnd. Wenn sie abends nach Hause komme, sei sie körperlich und seelisch geschafft. „Die Arbeit schlaucht, aber es macht nach wie vor auch Spaß“, ergänzt sie. Fahrlehrerin zu sein, sei ein sehr verantwortungsvoller Beruf. Die Weißenfelserin weiß, wovon sie spricht, denn mit ihren 25 Berufsjahren verfügt sie über viel Erfahrung in diesem Metier.

Dabei war dieser Job mehr oder weniger Zufall. Nach der 10. Klasse stand erst einmal eine Lehre in der Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungs-Technik an. In dem Beruf arbeitete sie einige Jahre. Vielleicht hätte sie das weiterhin getan, aber die Wende lenkte ihre beruflichen Schritte in eine andere Richtung. Ihr Vater Karl-Heinz Schwarze war jahrelang nebenberuflich als Fahrlehrer tätig. Als Kind fuhr Anett oft in seinem Auto mit, selbst im Lkw. Möglicherweise wurde in der Zeit der Grundstein für ihre Arbeit als Fahrlehrerin gelegt: Am 2. Oktober 1990 gab sie mit 24 Jahren den Gewerbeschein ab.

Einen Tag später hätte sie das nicht mehr gekonnt, denn da galt das bundesdeutsche Recht. Und das besagt, dass sie das erst mit 26 Jahren hätte tun können. Doch nun stürzte sie sich in die Arbeit. Werbung? „War damals nicht nötig, es gab einen riesigen Nachholbedarf“, berichtet die 49-Jährige. Die Eröffnung der Fahrschule habe sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Was wird einmal mit der Rente? Krankenversicherung? Fremdwörter. Wer dachte denn in jener Zeit an das Risiko des Scheiterns? „Kein Mensch.“ Ihre zwei Pkw vom Typ Lada waren permanent ausgebucht, es wurden gar Mitarbeiter eingestellt.

Golf und Audi

Später kam ein Golf und ein Audi hinzu. Ihr Mann Rainer machte sich 1992 mit einem Transportunternehmen selbstständig. Die Familie war gefordert. Und ob das nicht alles schon genug war, wurde in diese Sturm- und Drangzeit ihre Tochter Sophia geboren. „Eine schwierige Zeit, alles unter einen Hut zu bringen“, erinnert sie sich. 1996 erblickte ihre zweite Tochter Patricia das Licht der Welt. Dank ihrer Eltern und Großeltern habe sie den Start in die Marktwirtschaft gut meistern können.

Fahrlehrer ist kein typischer Frauenberuf. Zumindest in Weißenfels ist Anett Loth die Einzige, die sich in der Branche selbstständig machte. Die Arbeitszeiten sind nicht unbedingt familienfreundlich. Sie beginnen oftmals, wenn andere Feierabend haben und können bei Nachtfahrten schon einmal bis Mitternacht gehen. Der theoretische Unterricht ist abends: Es geht um Vorschriften, jede Menge Verkehrszeichen, Regeln und Technik am Fahrzeug - alles müsse den Schülern vermittelt werden, gepaart mit pädagogischem Geschick.

Jeden Schüler sicher auf den Straßenverkehr vorzubereiten, das sei ihr Ehrgeiz. Denn im Ernstfall habe keiner eine zweite Chance. Die Praxis sei für Schüler und Lehrer stets eine Herausforderung. Aufpassen in jeder Sekunde, was einfach aussieht. Junge Leute nehmen ihr Handy und fotografieren die Regeln von der Tafel ab - früher musste alles abgeschrieben werden und blieb im Kopf hängen.

Zugleich würden sich viele mit dem Handy orientieren, um einen bestimmten Weg zu finden. Das führe dazu, dass junge Leute im Fahrschulauto an den Wegweisern oft überfordert seien - „sie wissen nicht, wo sie langfahren sollen.“ Und dass sich Männer nicht gern von einer Frau was sagen lassen, ja, auch das sei vorgekommen. Ihr Fazit: „Man muss gut mit Menschen umgehen können und das nötige Fingerspitzengefühl besitzen.“ Bleibt da Zeit, abzuschalten? „Ja“, sagt Anett Loth, für freie Tage an der Ostsee zum Beispiel. (mz)