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Schwiegersohn übernimmt Patienten

Von BÄRBEL SCHMUCK 09.12.2008, 18:55

WEISSENFELS/MZ. - Kassen-Patienten, die mit einer Überweisung vom Allgemeinmediziner oder Hausarzt beim Orthopäden, Neurologen, Haut- oder Hals-Nasen-Ohrenarzt anklopfen, erhalten erst nach Monaten einen Termin. Neue Patienten oftmals gar nicht. Privatpatienten kommen gleich am nächsten Tag oder maximal binnen einer Woche dran. Diese Informationen sammelte die MZ bei Gesprächen mit Fachärzten und Patienten, die nicht namentlich in der Zeitung genannt werden wollen.

Die Region Naumburg ist mit Hausärzten besser versorgt als Weißenfels und Zeitz. Das geht aus einem statistischen Bericht des Gesundheitsamtes zur hausärztlichen Versorgung im Burgenlandkreis (siehe "Hausärzte", Stand

15. Februar) hervor. Versorgungsschwierigkeiten in Bezug auf die Arztdichte (auf einen Hausarzt kommen 1 000 Einwohner) wurden unter anderem im Weißenfelser Land festgestellt. In dieser Verwaltungsgemeinschaft (VG) sind die meisten der Hausärzte 60 Jahre alt und noch älter.

Die MZ schaute sich in Weißenfelser Arztpraxen um. Der Internist und Hausarzt in freier Niederlassung, Dr. Hartmut Becher, war bereit zu einem Gespräch.

"Laut Einwohner-Schlüssel sind Magdeburg und Weißenfels zum jetzigen Zeitpunkt als einzige Städte im Land Sachsen-Anhalt mit Allgemeinmedizinern ausgelastet", sagt der Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin. Das bedeutet laut Becher, weitere Ärzte dürften sich laut Schlüssel in Weißenfels als Allgemeinmediziner gar nicht niederlassen. Die Zulassung für sie sei gesperrt.

Der erfahrene Arzt sieht das Problem darin, dass es in Weißenfels insgesamt Ärzte, vor allem die Fachärzte, gibt, die älter als 60 Jahre sind und deren Nachfolge nicht geregelt ist. Der 61-Jährige selbst hätte noch vor einem guten halben Jahr wegen Überlastung neue Patienten wegschicken müssen. "Das ist nun glücklicherweise nicht mehr der Fall", gibt er erleichtert zu. Denn seit Juli hat der Doktor eine Verstärkung: Schwiegersohn Bernhard Blum (38 Jahre) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt, praktiziert an seiner Seite in Räumen in der Zeitzer Straße 40. "Eine glückliche Fügung", bekennt Becher, weil er sich entlastet fühlt. Blum hat in der sogenannten "Berufsausübungsgemeinschaft" einen Teil von Bechers Patienten übernommen.

"Die Patienten sind froh, dass in unserer Praxis die Nachfolge geregelt ist, weil sie sich nun nicht selbst kümmern müssen", weiß Hartmut Becher aus vielen Gesprächen. Die bisherigen Öffnungszeiten werden trotz der Doppelbesetzung in der Arztpraxis nicht verkürzt. "Es braucht Zeit, dass die Patienten Diplommediziner Bernhard Blum kennenlernen", sagt Becher.

Zunehmen werden angesichts der Altersstruktur der Bevölkerung künftig auch die Hausbesuche in Weißenfels, Langendorf und Umgebung. "Es muss dringend weitere Hausärzte geben", hebt Dr. Becher hervor.

Verlässt er zum Beispiel montags nach 16 Uhr, dem eigentlichen Ende der Sprechzeiten an diesem Tag, die Praxis, so fährt er als Hausarzt anschließend bis 19 Uhr zu Patienten nach Hause oder ins Altenheim, weil sie betagt, gehbehindert und pflegebedürftig sind. "Ein Hausarzt muss Zeit mitbringen, muss seinen Patienten zuhören können, er ist ihr Arzt des Vertrauens", erklärt er.