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Hoffnung für "Löwin Lotti" Schwere Krebserkrankung: Eltern kämpfen mit Spendenaktion um ihre Tochter "Löwin Lotti"

Von Meike Ruppe-Schmidt 18.08.2020, 06:30
Die kranke Charlotte soll eine neuartige Therapie in Barcelona herhalten. Ärzte der Uniklinik Halle legten bereits den Zugang für die Infusion unter die Kopfhaut des Kindes.
Die kranke Charlotte soll eine neuartige Therapie in Barcelona herhalten. Ärzte der Uniklinik Halle legten bereits den Zugang für die Infusion unter die Kopfhaut des Kindes. Meike Ruppe-Schmidt

Weißenfels - Ihre Augen blitzen übermütig, auf winzigen Füßen erkundet sie die Welt. Eiscreme und Spaghetti sind ihre Leibspeisen. Und am liebsten schmust sie mit Kuscheltier Elmo. Auf den ersten Blick wirkt die kleine Charlotte aus Weißenfels wie alle Kinder in ihrem Alter. Doch der Eindruck trügt. Das anderthalbjährige Mädchen ist schwer krank. Es leidet an einer seltenen Krebsform. Einzige Hoffnung sehen die Eltern Nathalie Hortig und Peer Hassel in einer neuartigen Therapie im Ausland.

Um diese zu finanzieren, haben die beiden 28-Jährigen jetzt einen Spendenaufruf „Löwin Lotti - gemeinsam Charlotte retten“ im Internet gestartet. Bereits jetzt erfuhr die junge Familie eine Welle der Hilfsbereitschaft, unter anderem von den Fußballclubs FSV Schöningen und der BSG Chemie Leipzig sowie dem Basketball-Bundesligisten Mitteldeutscher Basketballclub.

Mit Blaulicht in Halles Uniklinik

Die Familie sitzt in ihrer Weißenfelser Wohnung auf einem grauen Sofa. Sie halten sich an den Händen. „Charlottes Erkrankung begann im letzten Sommer“, erinnert sich Nathalie Hortig. „Wir wollten eigentlich in den Urlaub fliegen. Doch Charlotte wirkte plötzlich abgeschlagen, war blass und bekam hohes Fieber.  Dazu entwickelte sich eine Schwellung auf ihrer linken Wange.“

Im Krankenhaus vermuteten die Ärzte zunächst eine Ohrspeicheldrüsenentzündung. Doch die Medikamente schlugen nicht an. Im Gegenteil: Die Schwellung wurde immer größer. „Wir wurden schließlich mit Blaulicht in die Uniklinik nach Halle-Kröllwitz gefahren.“

Charlotte leidet an Krebserkrankung, die vorwiegend im Kindesalter auftritt

Nach verschiedenen Untersuchungen die Schockdiagnose: Charlotte litt an einem Neuroblastom im Stadium vier. „Dabei handelt es sich um eine Krebserkrankung, die vorwiegend im Kindesalter auftritt“, erklärt Hortig. Etwa 150 Kinder erkranken jährlich in Deutschland daran. In Charlottes Fall ist der Krebs bereits im weit fortgeschrittenen Stadium.  „Der Haupttumor saß an der linken Nebenniere“, so die Mutter, die sich in den letzten Monaten umfassend über das Krankheitsbild ihrer Tochter informiert hat.

„Bei der Schwellung an ihrer Wange handelte es sich bereits um eine Metastase.“ Eine Diagnose, die die bis dahin heile Welt der Familie völlig aus den Fugen geraten ließ. „Es war ein Alptraum“, sagt die Mutter, die sich in Elternzeit befindet. „Wir hatten große Angst. Denn mit einer Krebserkrankung hatte ich immer den Tod eines Menschen in Verbindung gebracht.“

Leidensweg: Operationen und Chemotherapie

Was folgte, war ein langer Leidensweg. Charlottes Tumor wurde zunächst mit zwei Chemotherapie-Blöcken behandelt. Im November 2019 entfernten die Ärzte der Uniklinik Halle den Tumor durch eine OP. Anschließend folgte eine Stammzelltransplantation. „Dabei wurden unserem Kind körpereigene Stammzellen entnommen und die Tumorzellen herausgefiltert, damit diese nicht wieder in den Organismus gelangen“, erklärt Hortig.

Anschließend folgte eine hoch dosierte Chemotherapie, die das Knochenmark und damit auch die darin vorhandenen Krebszellen zerstören sollte. „Am Ende wurden ihr die vorher entnommenen Stammzellen wieder zugeführt.“ Kritisch: „In dieser Zeit hätte jeder Schnupfen für unser Kind eine tödliche Folge haben können, weil das Immunsystem völlig heruntergefahren war“, so die Mutter, die in dieser Zeit acht Wochen lang isoliert mit ihrer Tochter im Krankenhaus verbrachte.

Austausch mit anderen betroffenen Eltern hilft Familie mit der Erkrankung umzugehen

Eine Zeit, die nicht spurlos an dem Kind vorbei ging. „Charlotte hat ihre Haare verloren, war müde und blass“, erinnert sich Hortig. Wie sie diese schwere Zeit bewältigt hat? „Mit der Zeit schafft man es, mit der Situation umzugehen, sie anzunehmen“, sagt Hortig. „Dabei half auch der Austausch mit anderen betroffenen Eltern.“

Vor allem aber ist es die kleine Charlotte selbst, die ihren Eltern Kraft gibt. „Mit ihrer Fröhlichkeit hat sie von Anfang an allen Menschen um sich herum ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Diese Lebensfreude hat sie sich auch in den schwersten Stunden bewahrt, und dafür bewundern wir unsere Tochter.“ Die Eltern sprechen von ihr als „unsere kleine Wundertüte“.

Niederschmetternde Diagnose: Tumor am rechten Frontallappen des Gehirns

Im März durfte Charlotte das Krankenhaus verlassen. „Sie hatte sich seitdem wundervoll entwickelt. Ihre Haut war rosig, die Haare sind nachgewachsen. Unser Kind hat Freude daran, die Welt um sich herum zu entdecken.“ Doch dieses Glück währte nicht lange.

Vor wenigen Wochen die niederschmetternde Diagnose: Bei einer Nachuntersuchung stellten Ärzte einen Tumor am rechten Frontallappen des Gehirns fest. Zurück ins Krankenhaus: Im Juli musste Charlotte ein weiteres Mal operiert werden, um den Tumor am Gehirn zu entfernen.

Hoffnung auf Spendengelder für neuartige Therapie mit Antikörpern 

Doch eine Operation allein bringt keine Sicherheit, ob der Tumor wirklich beseitigt ist. „Eine Mutter aus dem Westerwald, deren Kind das gleiche Schicksal widerfahren ist, erzählte mir von der neuartigen Therapie mit Antikörpern, die im Hospital Sant Joan de Déu in Barcelona durchgeführt wird“, so Hortig.

Das Krankenhaus habe die meisten Erfahrungen auf diesem Gebiet. Doch die Behandlungskosten liegen bei rund 300.000 Euro. Jetzt hoffen die Eltern, die Behandlung mit Hilfe von Spendengeldern finanzieren zu können. „Das ist unser letzter Strohhalm.“, so Hortig. „Wir sind bereit, alles zu tun, um Charlotte zu retten.“

Therapie in Barcelona mit guten Erfolgsaussichten wird nicht von Krankenkasse gezahlt

Derzeit wird Charlotte am kinderonkologischen Zentrum der Uniklinik Halle auf die Behandlung in Barcelona vorbereitet. „Bei Charlottes Krankheit handelt es sich um eine sehr aggressive Tumorerkrankung mit einer hohen Rückfallquote“, sagt Prof. Dr. Jan-Henning Klusmann, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Pädiatrie 1 in Halle. „Bei einem Rezidiv, einem Krankheitsrückfall, sind die Behandlungsprognosen normalerweise schlecht.

Doch die neuartige Therapie in Barcelona stellt einen vielversprechenden Ansatz mit guten Erfolgsaussichten dar.“ Bei der Behandlung leitet man laut Klusmann einen Antikörper ins Hirnwasser, der die Tumorzellen im Körper finden und zerstören soll. „Da sich das Verfahren in der Testphase befindet, ist eine Heilungsprognose schwierig“, so der Mediziner. Die Krankenkasse übernimmt deshalb keine Kosten für die Therapie. 

Eltern haben nur einen Wunsch: „Unser Kind soll gesund aufwachsen.“

Derzeit erhält Charlotte in Halle eine vorbereitende Chemotherapie. Auch der Zugang für die Antikörper-Infusionen wurde unter der Kopfhaut des Kindes implantiert. Ein Pflaster soll die Stelle schützen, bis die Therapie beginnt. Dass die Ärzte in Barcelona Charlotte bald helfen können, das hoffen die Eltern angesichts der Spendenbereitschaft innigst.

Bis dahin wollen Nathalie Hortig und Peer Hassel mit ihrer Tochter einen so normalen Tagesablauf wie möglich verbringen. Zur Oma in den Garten gehen, im Mini-Pool baden, Kinderkarussell fahren oder auf dem Sofa kuscheln. Die Eltern haben nur einen Wunsch: „Unser Kind soll gesund aufwachsen.“ Das soll die Therapie in Barcelona ermöglichen. Bis Montagnachmittag sind Spenden in Höhe von 185.000 Euro eingegangen.

››Infos und Spendenkonto unter https://loewin-lotti.de (mz)

Nathalie Hortig und Peer Hassel sammeln Spenden für ihre Tochter.
Nathalie Hortig und Peer Hassel sammeln Spenden für ihre Tochter.
Meike Ruppe-Schmidt