Schlossfest in Weißenfels Schlossfest in Weißenfels: Umzug zeigt Stadtgeschichte
Weissenfels/MZ - „Umzug der Jubiläen“, nennt Schusterjunge Lutz Teetzen die diesjährige Parade von der Weißenfelser Neustadt zum Schloss. Er kommentiert am Georgenberg die Bilder, die die Geschichte der Stadt darstellen und hat nicht unrecht mit seiner Ansage: Da flanieren sie alle vorbei: Diejenigen, die auf den 300. Jahrestag der Uraufführung der Bachschen Jagdkantate hinweisen. Die, die an den 250. Geburtstag des Dichters Johann Gottfried Seume erinnern, an die 250-jährige Geschichte als Garnisonsstadt oder an die Befreiungskriege vor 200 Jahren.
Aber 300 Jahre sind ja nur ein Bruchteil der Weißenfelser Geschichte. Die beginnt schließlich weit vor Stadtgründung 1185 – historisch wie innerhalb des Umzugs. Die Sippe vom Weißen Fels hat sich dieser Zeit angenommen, stellt slawische Siedler einer Zeit dar, als Jagen die Haupternährungsquelle darstellte, wie sie auch zeigen. Sippen-Vorsitzender Michael Strohschein trägt mit einem anderen Vereinsmitglied ein Wildschwein. „Selber gegerbt“, sagt er nicht ohne Stolz. Ein Einfall für den Umzug, bei dem sich die Gruppe, die zum zweiten Mal teilnimmt, was Neues einfallen lassen wollte.
Schachfiguren laufen mit
Hinter ihnen laufen die wahrscheinlich fröhlichsten Nonnen der Welt. Sie mimen Klarissen, die im 13. Jahrhundert am heutigen Rosalskyweg ein Kloster gründeten. Elf Jahre seien sie bereits dabei, erklärt Martina Witt. „Es ist für uns ein Highlight, ein fester Termin im Kalender.“
Wie Gruppen aus Hohenmölsen, Osterfeld, Droyßig oder Roßbach bereichern viele diesen Umzug. Und alle haben sich etwas Neckisches für ihr historisches Bild ausgedacht. So laufen die Männer und Frauen des Schachclubs Roland 1919 als schwarze und weiße Figuren verkleidet im Umzug. Die Jüngsten geben die Bauern, der König, Ralf Wagner, trägt das gerichts-entscheidende Schwert.
„Einen besonderen Applaus für Gudrun Schulze, die diesen Umzug seit Jahren ehrenamtlich organisiert“, bittet Schusterjunge Teetzen – und einer schmalen Frau wird applaudiert. Sie ist in schicke Robe um die Jahrhundertwende gekleidet, wie alle vom Fremdenverkehrsverein Weißenfels. Sie verweisen dieses Jahr auf die Kaffeehauskultur der Stadt. Eine elegante Entwicklung offenbar, denn die Damen tragen lange Kleider, Granatschmuck, weißen Pelz auf den Schultern, Sonnenschirmchen mit Rüschen. Die Herren sind behütet. 20 Cafés sollen es zur Jahrhundertwende allein in Weißenfels gewesen sein, sagt Elke Schubert, die sich um die fachliche Vorbereitung des Themas gekümmert hatte.
Hinter der Gruppe kommen Bundeswehr- und Feuerwehrmaschinen, werden die Jubiläen zur Garnisonsstadt und zum 150. der Weißenfelser Feuerwehr präsentiert. Und dann gäbe es ja auch noch die Vereine. Vom Theater- über den Bismarckturmverein, von der katholischen Kirche über die Naturfreunde bis hin zu den vielen Sportvereinen. Keiner ließ es sich nehmen, sich in der eigenen Stadt zu zeigen. Zuschauerin Walpurga Thiele sieht darin, dass es ein großes Angebot an Vereinen in der Stadt gibt und das findet die Weißenfelserin „super“.
Hunde im Zug bleiben ruhig
Der Verein „Music Art“ präsentiert sich beispielsweise mit seinem neuen Projekt, dem Musical „Elisabeth“. Dafür trägt die Protagonistin einen Brotkorb voll Rosen, damit auf die Legende der bekannten Heiligen anspielend. Und hinter ihr tanzen Damen in schwarz-grünen, langen Kleidern den Hofstaat-Tanz: hüpfen synchron, halten ihre Hände an die Hüften oder wie zum Menuett mit einer anderen Frau in die Höhe. Sie hätten den Tanz mit Heike Lattermann vom gleichnamigen Tanzstudio eingeübt, erklärt Angelika Menz, eine der Tänzerinnen.
Verkleidungen gab es beim Schlossfest-Umzug nicht nur in den Bildern zur Stadt- und Vereinsgeschichte, sondern auch am Straßenrand. Tina Hoyer beispielsweise hatte ein neckisches Hütchen auf und ein kariertes Kleid darunter. Warum? „Ich hatte das Häubchen noch nicht getragen und nun das passende Kleid dazu. Und zum Umzug muss es was Besonderes sein.“ Den besuche sie nämlich genau wie den Mittelaltermarkt jedes Jahr. Auch ein junges Mädchen steht mit aufwändigem, apricotfarbenen Kleid am Streckenrand. Mutter Antje Eismann klärt auf: „Letztes Jahr war sie mit im Zug bei der Weißenfelser Herrschaftsschar.“ Und auf das Kleid wollte sie auch als Zuschauerin nicht verzichten.
Der Umzug wird immer wieder gelobt. So sagt Kathrin Schwarze: „Ich finde den Umzug, die Stimmung und Atmosphäre schön.“ Walpurga Thiele sieht es ebenso. Sie lobt insbesondere das Engagement der Beteiligten: „Es ist ganz toll, was unsere Sport- und Kulturvereine auf die Beine stellen.“ Und man sehe, wie viel in der Stadt geboten wird. Christian Seeker, von 1992 bis 94 Weißenfelser Bürgermeister, kam von Diepholz bei Bremen in seine „zweite Heimat“. „Wir sind jedes Jahr dabei“, sagt er. Und, dass es schön zu sehen sei, wie viel hier passiere.
Doch nicht nur Menschen sind im Zug dabei, auch Tiere. Der Weißenfelser Hundeverein präsentiert sich – und damit auch Ergebnisse der eigenen Arbeit: Die Hunde bellen nicht, bleiben nah bei ihren Besitzern oder machen Platz auf Befehl, nervös sind sie offenbar überhaupt nicht.
„Es ist zwar eine Herausforderung für junge Tiere, aber auch ein super Training“, bekennt Stefanie Meuche aus Wengelsdorf. Zwei ihrer Tiere laufen mit, hören aufs Wort und machen so dem Verein alle Ehre. Die junge Frau aber auch. Sie winkt und lächelt: „Für uns ist es auch schön.“