Scharnhorstfest in Großgörschen Scharnhorstfest in Großgörschen: Kanonen eröffnen Schlacht

GroSSgörschen/MZ - Kanonendonner, Schüsse, Pferdegetrappel, Schreie, Feuer, Menschen auf der Flucht, Verwundete auf dem Schlachtfeld. . . - Historiendarsteller versuchen auf einer Wiese zwischen Großgörschen und Kaja ein Bild davon zu geben, was vor 201 Jahren in der Region um Lützen geschah. Und Rüdiger Peters erklärt - unterstützt von Erik Müller - die Szenen, die sich etwa 2.000 Besucher vom Straßenrand aus ansehen. Sie sollen Einblicke in die Schlacht vom 2. Mai 1813 bei Großgörschen geben, auch in große und kleine Zusammenhänge um die Befreiungskriege und die ihnen vorausgegangenen Schlachten.
Nach dem Jubiläumsfest 2013 geht es in diesem Jahr auffallend ruhig zu in Großgörschen. Doch egal, ob sich 1.800 Darsteller – wie im vorigen Jahr – oder 300 – wie in diesem Jahr auf dem Schlachtfeld und im Biwak begegnen, wirklich vorstellbar ist kaum, wie es zugegangen sein muss, als vor 201 Jahren mehr als 200.000 Soldaten in der Region aufeinandertrafen. Die zig tausenden Toten und Verwundeten, die Zivilbevölkerung auf der Flucht, Plünderungen. . .
Heute begegnen sich die Soldaten und anderen Menschen auf dem Großgörschener Schlachtfeld als Freunde. Jene, die sich mit Kanonen und Gewehren für eine Stunde im Schauspiel als Feinde gegenüberstehen, haben vorher im Biwak schon Bekanntschaft miteinander geschlossen. Da stehen Angehörige der napoleonischen Garde mit denen der preußischen Garde, die nicht weniger protzig gekleidet ist, im fröhlichen Gespräch beieinander. „Wo muss ich sie zuordnen?“ Diese Frage wird da Chris Diebowski vom Kamakura e.V. Naumburg gestellt, der sich dem preußischen Generalstab zuzählt und mit Werner Lange, einem Mann von Napoleons Leibwache, spricht. Während seine Mitstreiter – selbst die 16-jährige Alicia Gesch - in der reich mit Silberband geschmückten schwarzen Uniform meist noch problemlos der richtigen Seite zugeordnet werden, verunsichert seine rote Pracht die nicht so Geschichtsfesten.
"Es sind die Farben, die uns reizen"
Harald Penner hat schon viel Uniformkunde und Geschichte mitbekommen. Der Bremer geht auf dem Fest mit einem Freund aus Leipzig seinem Hobby nach, dem Fotografieren. „Es sind die Farben, die uns reizen“, sagt er. Darüber sei er zum Schlachten- und Biwak-Fotograf geworden. Und wegen der Farben kommt er nicht um Werner Lange und Vladimir Jahoda umhin. Die beiden Arbeitskollegen aus Nürnberg kokettieren weniger mit Waffen als mit ihrer Kleidung, der eine bunt mit Blau, Rot, Weiß und Gold als französischer Husar, der andere in Rot und Gold als Mameluck der Leibwache Napoleons.
Überall stellen sich Soldaten und Marketenderinnen gern den Fotografen. Hans-Peter Günnel aus Leipzig hält ein paar Biwakszenen vom Lützower Freikorps, 3. Eskadron Merseburger Land fest. Zu der Gruppe gehören 31 Männer, Frauen und Kinder. Von Ende April an schlagen sie als Lützower, als Freykorps von Kleist oder unter anderer Bezeichnung fast jedes Wochenende irgendwo ihre Zelte auf, um an 30-jährigen und Siebenjährigen Krieg sowie die napoleonischen Kriege zu erinnern. „Wir teilen ein Hobby, zu dem das Leben in der Natur und im Zelt gehört, wir sind eine Gemeinschaft Gleichgesinnter“, hebt Silvio Kalfa hervor, was ihn dabei am meisten reizt. Über seinen Sohn Toni, der vor 14 Jahren im Lützener Trommelzug begann, sei er zum Biwakleben gekommen. „Meine Frau hat Toni begleitet, wollte ich bei der Familie sein, musste ich mitmachen“, erzählt er lachend.
Schon am Mittwoch haben die Lützower ihre Zelte in Großgörschen aufgebaut. Am Donnerstag sind sie vom Spergauer Hauptquartier aus mit Handwagen zum Requirierungsmarsch aufgebrochen. Ihr Geldbeutel blieb nicht leer, Eier, Zwiebeln, Brot, Getränke haben sie auch eingesammelt und stärken sich nun davon.
Nicht nur die Soldaten, auch die Angebote an den Verkaufsständen und die Original Jahnataler Blasmusik, die im Festzelt beigesteuert wird, haben Lennox Kraft in ihren Bann gezogen. Der Achtjährige will wiederkommen, dann nicht nur mit Vater Peter, sondern seiner ganzen Familie aus Großkorbetha. Damit auch seine jetzt drei Monate alte Schwester Lina das alles einmal erleben könne, sagt er.

