Sanierte Promenade Sanierte Promenade: Weißenfelser ärgern sich über Trinker

Weissenfels - „Die neu gestaltete Promenade ist schön. Die Fassaden der Häuser strahlen. Das Grün und der Brunnen mit den Bänken lud gerade im Sommer zum Verweilen ein“, schildert die Weißenfelserin Gisela Gutjahr. Dann kommt ein dickes Aber: Die Treppe vor der Kaufhalle als auch manche Bänke seien von Trinkern blockiert. „Wer daran vorbei möchte, wird blöd angemacht“, sagt sie aus eigenem Erleben. Zudem werde der kleine Hang, versteckt hinter Büschen, als Toilette benutzt. „Die Bächlein rinnen über das neue Pflaster und es riecht nach Urin“, meint die Frau verärgert.
Volkmar Graf gehört zu jenen Männern, die seit Jahren Tag für Tag auf der Promenade „abhängen“. „Schon früh, kurz nach sieben Uhr, mache ich mich los“, erzählt der Mann und nimmt einen kräftigen Schluck aus der Bierflasche. Zum Frühstück hatte er zuvor eine Tasse schwarzen Tee mit einem Schnaps und eine Scheibe Brot. Als Tagesration nimmt er sich ein paar Flaschen Gerstensaft und eine große Flasche Weinbrand mit. Dann stiefelt er los.
Am neugestalteten Kiosk der Promenade stellt er Tische und Stühle auf, dann beginnt seine Freizeit. „Ich bin geschieden. Soll ich mich den ganzen Tag mit meiner Katze unterhalten?“ fragt der Mann, dem sich Kummer und Krankheit ins Gesicht gegraben haben. Die Haare sind lange nicht geschnitten worden, die Finger vom vielen Rauchen braun. Die Kleidung ist nicht gerade neu, aber sauber.
Geselligkeit wird gesucht
Den Tag vertreibt er sich wie viele andere Männer auf der Straße mit Trinken. „Manche trinken nur zwei, drei Pullen“, weiß der 60-Jährige. Bei ihm käme ein Kasten Bier im Laufe des Tages zusammen, den er leert. „Wir quatschen über Gott und die Welt, manchmal über unsere Zeit im Knast“, kommt Graf beim x-ten Schluck in Plauderlaune. Er selbst habe schon mehrmals gesessen. Jetzt habe er Krebs, da rede man auch mal über Krankheiten und den Tod. Die meisten seien alleinstehend. „Manche warten auf den Bus, andere spielen mal eine Runde Skat“, sagt Graf, der sich die nächste Zigarette dreht. Man spiele um ein Bier. „Mehr nicht“, sagt er und lacht.
Dass Passanten sich an den Trinkern stören, kann der Weißenfelser nicht verstehen. „Wir tun doch keinem etwas“, findet er und einer seiner Kumpels stimmt ihm lauthals zu. Aus der Runde der Männer kommt Protest: „Wir stören uns doch auch nicht an denen, die ihre Hunde an der Promenade ausführen und hier ihre Haufen hinterlassen, so dass wir dann reintreten“, meint einer und wirft das lange, fettige Haar wütend zurück.
Tägliche Kontrollen vom Ordnungsamt
„Im öffentlichen Raum hat die Stadt kaum Handhabe, um ein Alkoholverbot auszusprechen“ sagt Katharina Vokoun von der Pressestelle der Stadt. Dass das Verhalten dieser Leute nicht ins Stadtbild passt, sei nicht ausreichend, um pauschal ein Verbot auszusprechen. „Das ist ärgerlich, aber es ist Tatsache“, so Vokoun. Die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes würden täglich die Promenade kontrollieren. Platzverweise können sie nur bei groben Verstößen wie Belästigung, Wildpinkeln, Lärm oder Zerstörung aussprechen. Dazu müssten sie die Täter auf frischer Tat ertappen. Da die Promenade gut einsehbar ist, werden die Ordnungsamtsmitarbeiter oft frühzeitig gesehen. Die Trinker benehmen sich in der Regel vor ihnen. „Wir können keine 24-Stunden-Kontrolle auf der Promenade ermöglichen“, resümiert die Pressesprecherin.
Weißenfels steht mit seinen Trinkerecken nicht allein. In Hohenmölsen findet sich regelmäßig eine Truppe nahe der NP-Kaufhalle am Parkdeck. „Es ist laut und nicht selten fliegen auch die leeren Flaschen ins Gebüsch. Es ist einfach unangenehm“, sagt Hohenmölsenerin Christa Kirsch, die hier regelmäßig vorbei muss. Zwar entstand hier nun vor einigen Tagen ein Kinderspielplatz. Die Trinker jedoch hat dies nicht abgeschreckt. Sie verlagerten ihren „Stammtisch“ nur wenige Meter.
Auch hier gibt es Frust unter den Anwohnern. „Man kann das nicht kleinreden“, ist sich Bürgermeister Andy Haugk (parteilos) des Problems bewusst. Magdeburg sei mit der Erklärung einer alkoholfreien Zone im Zentrum der Stadt einmal Vorreiter gegen Alkoholismus im öffentlichen Raum gewesen. Doch dies sei wieder gekippt worden.
Kontrolle mit wenig Wirkung
„Also ich wäre dafür, alkoholfreie Zonen in der Innenstadt einzurichten“, ist von Haugk zu hören. Mitarbeiter des Ordnungsamtes würden mit den Regionalbereichsbeamten die bekannten Trinkerplätze kontrollieren. „Wir kennen schon unsere Pappenheimer. Die Trinker werden angesprochen und gebeten, die Plätze zu verlassen“, schildert Haugk. Mitunter werde auch eine härtere Gangart eingelegt, dann, wenn den Alkoholikern nachgewiesen werden könnte, dass sie Menschen anpöbelten oder Straßen verunreinigten.
„Dann gibt es Platzverweise“, sagt der erste Mann im Rathaus. Das halte mal für ein paar Tage. Die Erfahrung hat das Ordnungsamt auch in Weißenfels gemacht. Dann aber drehen Trinker und Uniformierte erneut ihre Runden. (mz)