Rezeptfreie Verhütung Rezeptfreie Verhütung : "Pille danach" in Weißenfels kaum gekauft

Weißenfels - Vor ziemlich genau einem Jahr wurde die sogenannte „Pille danach“ rezeptfrei. Das ist ein Medikament, welches Frauen innerhalb einer bestimmten Zeit einnehmen können, wenn sie feststellen, dass es mit der Verhütung schiefgelaufen ist.
Die MZ hörte sich in den Apotheken um, ob Frauen diese Pille seitdem öfter kaufen.
„Ich hätte mehr erwartet“, sagt Curt Wenzel von der Marienapotheke in Weißenfels. Es sei aber wahrscheinlich auch so, dass die „Pille danach“ eher in den Notdienstbereitschaftszeiten verlangt werde. Seiner Meinung nach gehen Frauen nach wie vor sehr bewusst mit diesem Medikament um. „Es gab auch kein Vorratsverhalten“, sagt der Apotheker weiter. Er meint damit, dass die Pille nicht schon mal vorsichtshalber gekauft wurde, um sie im Ernstfall zu Hause zu haben und schnell nehmen zu können.
Allerdings wird die „Pille danach“ auch gar nicht so leicht verkauft wie vielleicht angenommen. „Es gibt vorher ein Beratungsgespräch, welches wir anbieten und einen Fragebogen, der ausgefüllt werden muss“, erzählt Curt Wenzel weiter. Seiner Einschätzung nach ist es für die Frauen weiterhin ein Notmedikament.
Ganz anders sieht das bei den Mitarbeitern der Neustadtapotheke aus. Sie hätten sehr deutlich gemerkt, dass es die „Pille danach“ nun rezeptfrei zu kaufen gibt. Vorher sei das verschwindend gering gewesen. Ein Blick auf die Zahlen bestätigt das. 2014 wurde das Medikament gar nicht verkauft. Ein Jahr später war das dann schon zwölfmal und in den ersten drei Monaten dieses Jahres bislang immerhin dreimal. Gründe für den Griff nach der „Pille danach“ könnte beispielsweise sein, dass das Kondom geplatzt sei oder die Verhütung schlicht und einfach vergessen wurde. Das passiert offensichtlich meistens den Frauen Mitte 20. Diese Altersgruppe kam am häufigsten in die Neustadtapotheke, um sich diese spezielle Tablette zu holen.
Kurzer Boom
„Kurz nach der Freigabe kam das schon erst einmal hoch“, erzählt Anja Glaß von der Pluspunkt-Apotheke im Einkaufscenter Schöne Aussicht in Leißling. Die ersten zwei bis drei Monate habe der Boom auf die Pille angehalten und dann sei er aber wieder abgeflaut. Dazu geführt hat bestimmt auch die Tatsache, dass es auch dort erst einmal ein umfangreiches Beratungsgespräch gibt, bei dem die Frauen ebenso einen langen Fragebogen ausfüllen müssen. So einfach geht das mit der Pille danach nämlich nicht.
Der Meinung von Anja Glaß nach sind die Frauen aber heutzutage auch so aufgeklärt und auf ihren Körper bedacht, dass sie darauf achten, dass es mit der herkömmlichen Verhütung funktioniert und die „Pille danach“ wirklich nur für den Notfall bestimmt ist.
Sie selber ist übrigens gar nicht überzeugt davon, dass es eine gute Sache war, das Medikament auf die rezeptfreie Liste zu setzen. Es handele sich nämlich nicht um ein harmloses Arzneimittel. Falsch angewendet könne es auch sein, dass es nicht die erwünschte Wirkung hat.
Die Pille danach ist ein hormonell hochwirksames Medikament. Es kann bei einer Verhütungspanne eine ungewollte Schwangerschaft verhindern. Sie muss so früh wie möglich nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Es wird dadurch ein Eisprung verhindert. Ist es bereits zu einem Eisprung gekommen, ist die Pille wirkungslos. Bis Anfang des vorigen Jahres war sie rezeptpflichtig. Seit dem 14. März 2015 kann sie von Jugendlichen ab 14 Jahre auch ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten gekauft und eingenommen werden. (ahr)
Michaela Brunn von der Kugelbergapotheke in Weißenfels bekam bislang kaum etwas von der „Pille danach“ mit. Sie verweist aber auch darauf, dass ihre Apotheke im Randgebiet der Stadt liegt und eher von der älteren Generation besucht wird. Es sei höchstens im Notdienst vorgekommen, dass Frauen kamen, die das Medikament wollten, so ihr Fazit.
„Es hat zugenommen und das nicht unwesentlich“, sagt hingegen Katrin Polle, Mitarbeiterin der Heuwegapotheke in Weißenfels. Die wenigsten betroffenen Frauen würden vorher noch zum Frauenarzt gehen, wenn sie merken, dass bei ihrer Verhütung was schiefgelaufen ist. Sie schlagen lieber direkt den Weg zur Apotheke ein.
Ein bis zweimal pro Woche verkaufen sie und ihre Kolleginnen seit der Freigabe das Medikament. (mz)