Rainald Grebe Rainald Grebe: Der Freche aus Frechen

Goseck/MZ - Wie gehen über 500 Menschen mit einem Künstler um, der sich als Bürgermeister von Goseck aufspielt, von einem asozialen Robinson Crusoe singt und von einem glücklich gestorbenen Großvater spricht, der nie in Sachsen-Anhalt war? Sie jubeln ihm zu, lachen herzhaft und feiern den Frechdachs aus Frechen als denjenigen, der ihnen einen unerträglich heißen Abend auf der Schlossterrasse in Goseck mit viel Humor auf dem Klavier begleitend rettet. Die Rede ist von Rainald Grebe, den es auf seiner Kabarett-Solo-Tour auch in das Dorf unweit der Saale geführt hat.
„Warum eigentlich Goseck? Keine Ahnung, ich habe einen Knebelvertrag, da muss ich alles machen“, polarisiert Grebe erneut, erntet wieder brüllende Lacher, bügelt seine Frechheit aber gleich wieder aus: „Meine Gage fließt heute in einen Eimer Schrauben, damit es mit diesem maroden Gemäuer endlich mal vorwärtsgeht“, trifft Grebe scheinbar wieder nicht den richtigen Ton - oder doch genau den richtigen. Zum Sachsen-Anhalt-Lied müssen die Zuschauer aufstehen, viele können mitsingen, denn beim Blick auf die Autokennzeichen, die im ganzen Dorf verteilt sind, zeigt sich, dass Grebe Fans aus der ganzen Region, auch außerhalb des Bundeslandes, angelockt hat.
"Nie niveaulos"
So wie die Freundinnen Nora Hoffbauer und Christiane Geithner aus Leipzig, die Rainald Grebe schon lange kennen und extra nach Goseck gekommen sind, „weil das Konzert in Leipzig ausverkauft ist. Aber die Kulisse hier ist schon sehr schön und romantisch“, meint Geithner, die vor allem über den tiefgründigen Wortwitz des Rheinländers begeistert ist. „Manchmal versteht man einen Witz erst beim zweiten Mal nachdenken.“ Und Hoffbauer ergänzt: „Ist schon klasse, wie er die Gesellschaft durchleuchtet, dabei aber nie niveaulos wird.“
Dennoch benutzt Grebe das ein oder andere schlüpfrige Wort, schlägt auf schwedische Möbelhäuser ein und beschwert sich über Bio-Kost vom Discounter. „Wo kommen wir denn da hin, wenn sich jetzt schon die Langzeit-Arbeitslosen biologisch korrekt ernähren können?“ fragt Grebe und überrascht wieder den einen oder anderen Zuschauer. So wie den Naumburger Florian Prims: „Man lacht auch über Dinge, mit denen man nicht unbedingt so rechnet.“
So wie dies: „Ihr seid echt das beste Publikum, das ich heute hatte. Wenn ich wählen müsste zwischen euch und einer Weltreise - würde ich euch eine Karte schicken.“ Und zum Schluss überrascht Grebe seine Fans mit der 23-minütigen Weltpremiere des Films „Der Räuber Hotzenplotz“, frei nach Ottfried Preussler - sehr frei, denn Grebe spielt, gedreht auf Schloss Goseck, selber mit.
