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Oberbürgermeister von Weißenfels Oberbürgermeister von Weißenfels: Der Chef residiert im Hinterhaus

Von Andreas Richter 18.12.2015, 10:25
Zu den Geschenken in Robby Rischs Dienstzimmer gehört ein neunteiliger Leuchter, den er von einer Familie in Israel erhalten hat.
Zu den Geschenken in Robby Rischs Dienstzimmer gehört ein neunteiliger Leuchter, den er von einer Familie in Israel erhalten hat. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Das Dienstzimmer des Weißenfelser Oberbürgermeisters? Wer dort wenigstens etwas barocken Glanz und Gloria erwartet hatte, dürfte einigermaßen enttäuscht sein. Kein Wunder. Sitzt doch Robby Risch in einem Hinterhaus. Und dort dürfte sein Zimmer im Vergleich zu Amtskollegen anderswo in Sachsen-Anhalt zu den bescheidensten gehören.

Die Weißenfelser Besonderheit: Das barocke Rathaus, in das das Stadtoberhaupt eigentlich gehört, ist seit fast drei Jahren eine Baustelle. Weil unter anderem am hölzernen Dachstuhl starke Schäden entdeckt wurden, musste das ehrwürdige Gebäude Anfang 2013 leergeräumt werden. Risch zog einige Steinwürfe entfernt in die erste Etage des Fürstenhauses in der Leipziger Straße 9. Ein Raum, repräsentativer als vorher: Seidentapete, ein Gemälde an der Decke.

Doch auch hier sollte der Chef nicht lange bleiben. Ein Jahr später zog er in sein heutiges Zimmer im Hinterhaus des Fürstenhauses. „Das war den Umständen geschuldet, es gab organisatorische Gründe“, erinnert Risch. Im barocken Fürstenhaus selbst sollte - wie langfristig geplant - ein Gastronom einziehen. Die Mitarbeiter der Stadt waren über drei Etagen verteilt, nun sind es nur zwei Etagen.

Das „normale Tagesgeschäft“

Und so hat Risch nach seiner Wiederwahl in diesem Jahr seine zweite siebenjährige Amtsperiode in eher bescheidenen dienstlichen Verhältnissen begonnen. Wer an Kathrin Rumi und Anja Bechmann, den beiden Frauen im Vorzimmer, vorbei das kleine Chef-Büro betritt, trifft auf geballte Nüchternheit. Ein kleiner Beratungstisch, ebenso schmucklos wie Schrank und Regal. Auf dem Schreibtisch türmt sich Papier zu einem kleinen „Problemberg“, wie Risch es nennt.

Das „normale Tagesgeschäft“ eben. Einen klassischen Kalender sucht man vergebens. Längst wird der Tag des OB elektronisch sortiert. An den weißen Wänden im Büro zeigen zwei Bilder der Freyburger Malerin Rita Hilpert Geleitshaus und Schloss Neu-Augustusburg. An der Wand gegenüber erinnern drei Urkunden daran, dass Weißenfels seit jeher beste Beziehungen zu den jeweils in der Stadt stationierten Bundeswehreinheiten unterhält.

Am Regal bleibt der Blick des Betrachters schließlich hängen. Zwischen die Deckel fein sortierter Aktenordner passen kommunalpolitische Dauerbrenner - von der Unterbringung von Asylbewerbern bis zum Radfahren im Zentrum. Ein flüchtiger Blick auf die Titel der eher wenigen Bücher lässt Raum für Interpretationen. Eine „Hohe Schule des guten Benehmens“ hat da ebenso ihren Platz gefunden wie „Die goldenen Job-Regeln“ - ein Geschenk der Kollegen.

Sammelplatz für Geschenke

Und schließlich ist das Regal auch ein bisschen Sammelplatz für Geschenke. Für ein Paar historische Schuhe zum Beispiel, die Risch nach einer mittelalterlichen Zunftsitzung der Schuhmacher in der Langendorfer Klosterkirche erhalten hat. Oder für einen neunteiligen Leuchter, überreicht von einer Familie aus Israel. Noch ziemlich frisch ist ein Betonstück aus den Fundamenten der alten Feuerwache, die im Frühsommer dieses Jahres abgerissen wurde.

Ob er ein Lieblingsstück hat? Nein, eigentlich nicht, meint Risch und fügt dann doch hinzu: „Am meisten freue ich mich über Dinge, die mit ehrenamtlichem Engagement zu tun haben.“ Ein Wimpel zum Beispiel erinnert an die Feier zum 150-jährigen Bestehen der Weißenfelser Feuerwehr im Jahr 2013, ein Bierkrug an die Wiedereinweihung des Bismarckturms in diesem Jahr.

Geht es nach Robby Risch, dann sollen Mitbringsel und Geschenke irgendwann einmal weit besser der Öffentlichkeit präsentiert werden. In einer Vitrine im Rathaus. Bis 2022 dauert seine Amtszeit noch. Da ist der 53-Jährige durchaus zuversichtlich, dass er die letzten Jahre wieder dorthin zurückkehren kann, wo er sein Amt einst angetreten hat. 2019 vielleicht, oder erst 2020? Wer weiß schon genau, wann das nötige Geld da ist und die Bauarbeiten zu Ende gebracht werden können? Und so bleibt Risch bis dahin weiter der Chef im Hinterhaus.

Ein Stück Beton erinnert an die alte Weißenfelser Feuerwache.
Ein Stück Beton erinnert an die alte Weißenfelser Feuerwache.
Peter Lisker Lizenz