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Neue Chance für Langzeitarbeitslose Neue Chance für Langzeitarbeitslose: Ein Job wie ein Lottogewinn

Von Holger Zimmer 31.08.2019, 06:00
Annett Rudolph hat einen Arbeitsplatz in der Raststätte Osterfeld erhalten und möchte dort nicht wieder weg.
Annett Rudolph hat einen Arbeitsplatz in der Raststätte Osterfeld erhalten und möchte dort nicht wieder weg. Peter Lisker

Osterfeld - Die Arbeit in der Elior-Autobahnraststätte Osterfeld-Ost ist für Annett Rudolph wie ein Lottogewinn. Die 43-Jährige hat keinen Berufsabschluss, weil sie wegen ihrer ältesten Tochter die Lehre abgebrochen hat, und fünf ihrer sieben Kinder leben noch daheim. Sie sagt: „Wir bekommen von der Arge für unsere große Wohnung Unterstützung und haben jetzt mehr Geld zur Verfügung.“

Im Sozialgesetzbuch II gibt es den Paragrafen 16-i, das Teilhabechancengesetz, das bis 2024 aufgelegt worden ist. Es soll laut Michael Kullmann vom Arbeitgeberservice des Jobcenters Personen an den Arbeitsmarkt heranführen. Annett Rudolph hatte da zunächst in einer Bäckerei gearbeitet, die Pleite gegangen ist, doch kurze Zeit danach wurde ein neuer Arbeitgeber gefunden.

Unterstützung geht über den finanziellen Zuschuss hinaus

Es kam zu einem ersten Gespräch mit Elior-Betriebsleiterin Sylvia Rieck, die händeringend Mitarbeiter sucht. Das verlief vielversprechend. Hinzu kommt, dass das Jobcenter die Lohnkosten übernimmt. In den ersten zwei Jahren 100 Prozent des Lohns. Das reduziert sich in den drei Folgejahren um jeweils zehn Prozent.

„Ein Grund ist, dass Arbeitskräfte den Unternehmen längst nicht mehr die Türen einrennen, um einen Job zu finden“, sagt Kullmann. Da mussten Lösungen her. Und die Unterstützung geht über den finanziellen Zuschuss hinaus. Denn es gibt auch ein sogenanntes Coaching, bei dem man über Probleme redet, die aus der Welt geschafft werden müssen.

Bis zum Arbeitsantritt in der Raststätte Osterfeld mussten Wege geebnet werden

Bis zum Arbeitsantritt in der Raststätte Osterfeld mussten Wege geebnet werden. Denn Frau Rudolph fährt selbst nicht Auto und ist darauf angewiesen, dass sie ihr Mann chauffiert, mit dem sie zehn Jahre verheiratet ist. Auch die Arbeitszeit wurde angepasst, so dass die Weißenfelserin 10 Uhr beginnen kann.

Außerdem bekommen die Kinder, die sie schon immer in die Arbeiten im Haushalt einbezogen hat, ihre Aufgaben, wischen aus oder trocknen ab. „Sie müssen ja auch ihr späteres Leben meistern“, sagt sie. Sie selbst hat zunächst in der Spülküche angefangen, was angesichts der Temperaturen dort nicht einfach ist. Außerdem unterstützt sie die Mitarbeiter bereits bei der Essenausgabe.

„Wir wollen sie langsam an den Service heranführen“

„Wir wollen sie langsam an den Service heranführen“, sagt Sylvia Rieck. Den mögen manche nicht, auch weil man immer freundlich sein muss. Bei Frau Rudolph ist das anders. Sie spricht außerdem vom Braten der Currywürste und dem Zubereiten von Pommes. Annett Rudolph sagt: „Ich will nicht weg und es macht Spaß.“

Die Betriebsleiterin äußert, dass sie seit 2015 sechs Leute vermittelt bekommen hat, drei davon sind übernommen worden. Nicht alle seien aufgrund von Schichtbetrieb oder aus gesundheitlichen Gründen geeignet. Viele würden als Quereinsteiger kommen, aber es sei vielfach so, dass die Leute nicht aus der Gastronomie sind. Aber immerhin habe es ein Mann schon zum Schichtleiter gebracht. Doch es gebe leider auch andere Beispiele, sagt der Mann vom Jobcenter.

Letztens habe er einen Beschäftigten verwarnen müssen. Der war nach kurzer Zeit bereits drei Tage von der Arbeit weggeblieben, weil ein Bekannter krank geworden war. Er hielt es nicht mal für nötig anzurufen. Das könne er nur einmal durchgehen lassen, betont Michael Kullmann. (mz)