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Mordversuch an Jugendlicher aus Weißenfels Nach versuchtem Mord an 15-Jähriger: "Joker" war ein Trinker.

Von Andrea Hamann-Richter 23.05.2016, 16:03
Schauspieler Heath Ledger als „Joker“
Schauspieler Heath Ledger als „Joker“ Warner/dpa

Weißenfels - Wo war Norman E. in den zweieinhalb Stunden nach der unglaublichen Tat? Warum hatte er selber auf einmal schwere Verletzungen, unter anderem an den Händen, als er wieder auftauchte? Leidet der 25-Jährige aus Leipzig tatsächlich unter einer gespaltenen Persönlichkeit? Diese drei Fragen versuchte das Landgericht in Leipzig am Montag zu klären. Denn nur so kann nachvollzogen werden, was an diesem 24. September 2015 in Leipzig geschehen ist.

Die Anklage lautet: versuchter Mord. Norman E. wird vorgeworfen, die 15-jährige Tracy aus Weißenfels und deren Kumpel Philipp aus Leipzig (19) in seine Wohnung gelockt zu haben. Als diese sich schlafen legten, schmierte er sich Quark ins Gesicht. Aus Norman wurde „Joker“ - das personifizierte Böse aus dem Batman-Film mit der weißen Maske. Er stürzte sich auf die jungen Leute und stach auf sie ein. Sie konnten schwer verletzt flüchten. Nur Notoperationen retteten ihr Leben.

Verschwand nach der Tat

Norman verschwand nach der Tat. Schließlich tauchte er mit schweren Verletzungen wieder in seiner Wohnung auf, lief dort den inzwischen alarmierten Polizisten direkt in die Arme. Ob er sie sich die Verletzungen selbst zufügte, oder ob sie von einem Kampf in seiner Wohnung mit den Opfern stammen, konnte nicht geklärt werden. Seinen Aussagen nach wollte E. irgendwann einfach nach Hause gehen. Die Erinnerungen an die Tat fehlen ihm angeblich bis heute.

Unzählige Blutspuren zogen sich nach seinem Auftauchen aber durch die Leipziger Virchow-Straße, über Plätze und Nebenstraßen. Das dokumentierten dicke Fotoalben. Sie lagen dem Richter vor. Polizisten hatten sie verfolgt und fotografiert. Sie sagten aus, dass die Intensität der Blutspuren wechselte. Mal waren es nur Reihen von Tröpfchen, dann sahen sie wiederum blutverschmierte Pkw und größere Flecken. Eine genaue Spur, wie, wo und warum sich Norman dort entlangbewegt haben könnte, war nicht nachzuvollziehen. Eigentlich können sie nur von ihm stammen.

Gespaltene Persönlichkeit

Der Richter versuchte auch, herauszufinden, ob der 25-Jährige Leipziger unter einer gespaltenen Persönlichkeit leidet. Denn nur so könnte erklärt werden, warum aus ihm diese mörderische Figur wurde. Schon als kleiner Junge hatte er einen unsichtbaren Freund - „Joker“. So schilderte es seine Adoptivmutter bei einer früheren Verhandlung. Später faszinierte ihn diese Figur immer mehr. Einmal erwartete „Joker“ seine Mutter in ihrer völlig zerstörten Wohnung mit dem Messer in der Hand. Schlimmeres konnte damals verhindert werden.

Ärzte, Sachverständige und andere Einsatzkräfte hatten am Tattag mit ihm zu tun gehabt. Sie schilderten, dass Norman große Mengen an Alkohol zu sich genommen habe. Nach seinen eigenen Aussagen waren das an diesem Tag 15 Flaschen Bier und zwei Liter Weißwein. Der Angeklagte selber sagte, dass er gerade einen Rückfall habe und in den Entzug komme. Zwar habe er erregt gewirkt, aber typische Symptome eines Entzuges konnten die Sachverständigen nicht feststellen. Von seinem intensiven Alkoholkonsum wusste auch seine Bekannte Michaela. „Einen Kasten Bier schafft er“, sagte sie als Zeugin. Aber meistens sei er gut drauf gewesen, wenn er getrunken hatte.

Nächster Verhandlungstag am Donnerstag, 26. Mai, 13 Uhr.