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MZ-Umfrage im Burgenlandkreis MZ-Umfrage im Burgenlandkreis: Wie Milch-Tankstellen beim Kunden ankommen

Von Andrea Hamann-Richter 25.10.2016, 06:00
Danielle Hagenbeck freut sich über frische Milch von der Milchtankstelle in Nessa.
Danielle Hagenbeck freut sich über frische Milch von der Milchtankstelle in Nessa. Peter Lisker

Nessa - Milchtankstellen sind Kassenschlager. Egal ob im Burgenlandkreis, hier in Nessa und Prießnitz, oder im sächsischen Nachbarlandkreis Leipzig, in Kitzen, die Menschen kaufen literweise frische und unbehandelte Milch, die nach dem Melken nur filtriert und gekühlt wird.

Klaus Eberhardt aus Hohenmölsen kommt deshalb zwei bis dreimal in der Woche nach Nessa. Zwei Ein-Liter-Flaschen hat er gerade abgefüllt. Gründe gibt es für ihn mehrere. „Als kleiner Junge bin ich mit Kannen losgelaufen und habe Milch geholt“, sagt er. „Uns schmeckt sie einfach besser“, lautet auch heute noch sein Argument. Außerdem komme sie frisch von der Kuh, sei unbehandelt und das sei eben etwas anderes, als die Milch aus dem Supermarkt.

Milch vor dem Verzehr abkochen

Ein Hinweisschild, dass die Milch vor dem Verzehr abzukochen ist, hat er gesehen. Der 66-Jährige erhitzt sie auf etwa 80 Grad. So stirbt der Großteil der Keime ab. Das hat neben dem Effekt, dass Keime unschädlich gemacht werden, noch einen weiteren Vorteil. „Sie hält sich so auch einen Tag länger“, sagt der Mann.

Das kleine Holzhäuschen in Nessa nahe an der Anschlussstelle zur Bundesstraße 91 auf dem Gelände der Landwirtschaftsgesellschaft Saaleaue ist leicht zu finden. Der Kuh-Aufsteller am Straßenrand zeigt, dass die Fahrer dort abfahren müssen. Weitere Schilder führen zu der Stelle, wo die Milchtankstelle zu finden ist. An das Produkt zu kommen, ist auch nicht schwer. Leere Flaschen stehen bereit. Sie kosten einen Euro. Es gibt lediglich eine Kasse des Vertrauens. Für einen weiteren Euro bekommt der Kunde einen Liter Milch.

Einträge im Gästebuch

Neben den leeren Flaschen liegt ein kleines Gästebuch. Die Einträge sind Beweis, dass die Menschen in der Region das weiße Produkt lieben. „Danke, die Milch ist lecker.“, „Echt coole Sahne!“ oder „Hm. Lecker und soooo frisch“, sind nur drei Beispiele.

„Sie ist sahnig, vollmundig - ein Unterschied wie Tag und Nacht“, schwärmt Peter Nickel aus Großgörschen. Der 61-Jährige steht an der Milchtankstelle im sächsischen Kitzen. Für ihn nur ein kurzer Weg durch zwei andere Dörfer hindurch. Der Milchautomat befindet sich am Ortsausgang in Richtung Kleinschkorlopp auf der rechten Seite. Große Hinweisschilder erleichtern den Weg dorthin.

Unbehandelte Milch direkt vom Bauern

Noch bis vor zehn Jahren hatte sich die Familie die unbehandelte Milch direkt vom Bauern im Ort geholt. Heute freuen sich Nickels, dass es nun auf diese unkomplizierte Weise wieder möglich ist.

Flaschen gibt es für 50 Cent. Das Geld wird auch dort in eine Kasse des Vertrauens gezahlt. Der Liter Milch kostet wie in Nessa einen Euro. Im Schnitt aller 14 Tage fährt der Großgörschener in den Nachbarort. „Ein Euro für einen Liter Milch ist für mich auch eine Menge Geld“, erklärt er. Zu Hause „versüßt“ er sie sich mit einem Löffel Kakao und lässt sie sich so richtig schmecken. Trotz des Hinweises am Kitzener Automat, die Milch abzukochen, trinkt der Mann die Milch so, wie er sie gekauft hat. „Früher wurde sie auch nicht abgekocht“, sagt er. Außerdem - wenn er im Supermarkt nach einem Produkt im Regal greife, wisse er auch nicht ob und wie es zusätzlich behandelt worden ist, meint er trocken.

Milchtankstelle in Abtlöbnitz

Ortrun Goll steht an der Milchtankstelle in Abtlöbnitz bei Naumburg. Drei leere Flaschen möchte sie gleich befüllen. „Das hier ist mit Liebe gemacht“, schwärmt sie von der „Tankstelle“. Das Holzhäuschen ist weiß gestrichen und mit schwarzen, für die Kuhhaut typischen Flecken, verziert. In einem Regal kann der Käufer sich Flaschen aussuchen. Es gibt einfache Behälter aus PVC für 50 Cent, einfache Glasflaschen für einen Euro und hübsch verzierte und nett modellierte Flaschen für 3,50 Euro. Von ihnen wurden übrigens schon mehr als 2.000 Stück verkauft.

„Ich finde es toll, dass sie den Mut haben, es zu machen“, sagt sie mit Blick auf den Landwirtschaftsbetrieb und seine Milchtankstelle. Ihrer Meinung nach ist es ein Wahnsinn, was in der Landwirtschaft abläuft. „Butter und Milch sind zu billig“, sagt die 51-Jährige. Die Preise müssen wieder reell werden. Daher kaufe sie den Liter Milch auch aus Überzeugung, erklärt sie.

Sie ist auf dem Dorf groß geworden und weiß, wie teuer es ist, ein Tier zu halten. Bei den derzeitigen Preisen werde der respektvolle Umgang mit Lebensmitteln „regelrecht versaut“, sagt die Frau aus dem benachbarten Camberg. (mz)