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Inklusion im Burgenlandkreis Menschen mit Beeinträchtigung erleben Angelspaß in Weißenfels

Der Kreisanglerverein Weißenfels hat behinderte Menschen zum Angeln eingeladen. Wo man den Fischen nachgestellt hat und welches einzigartige Projekt die Mitglieder noch planen.

Von Beate Reinke 13.08.2024, 18:00
    Der erste Fang beim Inklusionsangeln: ein Karpfen
Der erste Fang beim Inklusionsangeln: ein Karpfen Foto: Beate Reinke

Weissenfels/Osterfeld/MZ. - Gelebtes Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung beherrschte das gemeinsame Angeln in der Binnenfischerei Weißenfels am vergangenen Freitag. Nach dem Erfolg vom September 2023 hatte der Kreisanglerverein Weißenfels nun zum zweiten inklusiven Angeln eingeladen.

Teilnehmer aus Osterfeld kommen zum Angelvergnügen

Acht Menschen mit Handicap waren mit ihren Betreuern zum ersten Durchgang des Angelvergnügens gekommen, vier hatten sich für den Nachmittag vorgemerkt. Mit von der Partie waren fünf 20- bis 40-jährige Teilnehmer aus der Förderwerkstatt Osterfeld. „Schon im vorigen Jahr herrschte große Begeisterung. Da stand fest: Das würden wir wieder machen“, erklärte Gruppenleiterin Andrea Esche.

Schon bald zeigte sich, dass sich die 45-minütige Anreise gelohnt hatte. Natur und Angelspaß sorgten allseits für gute Laune. Angelfreundin Katrin Heerdegen, die selbst 22 Jahre in einem Behindertenheim gearbeitet hatte, fühlte sich nach eigenen Worten „ganz zu Hause“ und übernahm unter allgemeinem Jubel das Vermessen des ersten ordentlichen Fangs, eines mehr als 40 Zentimeter großen Karpfens.

Philipp Beckmann war mit der Gruppe der Förderwerkstatt Osterfeld zum Angeln nach Weißenfels gekommen.
Philipp Beckmann war mit der Gruppe der Förderwerkstatt Osterfeld zum Angeln nach Weißenfels gekommen.
Foto: Beate Reinke

Gesetzlichen Vorschriften entsprechend muss jeder Mensch mit Beeinträchtigung und ohne eigenen Angelschein einen Fischereischeinbesitzer an seiner Seite haben, um angeln zu dürfen. Dies fordert den hiesigen Anglerverein personell. Vereinsvize Uwe-Rolf Heinemann gehörte zu denjenigen, die ihre Arbeitszeit verlagert hatten, um am Ufer assistieren zu können.

Der Burgenlandkreis bietet Vereinen Geld an

Angeln erfreue sich großer Beliebtheit bei Menschen mit Beeinträchtigungen, erläuterte Melanie Schembor, Örtliche Teilhabemanagerin des Burgenlandkreises. Finanzielle Unterstützung für Vereine, die sich der Inklusion öffnen, sei möglich. So habe man zehn Angelausrüstungen und -stühle finanziert, um für zukünftige Veranstaltungen dieser Art gerüstet zu sein. Ein großes Problem stelle sich jedoch immer wieder: die Beförderung der Teilnehmer im ländlichen Raum. Mitunter würden Familienmitglieder einspringen, um diese zu übernehmen.

Weißenfelser Projektidee ist landesweit einmalig

Mehr Einbindung von Petrijüngern mit Handicap versprechen die Bestrebungen des Kreisanglervereins, einen geeigneten Angelplatz an einem Fließgewässer einzurichten. Einen solchen gebe es in ganz Sachsen-Anhalt noch nicht, betonte Kreisanglervereinschefin Anett Escher und hofft auf Realisierbarkeit des Projektes im Zuge des Neubaus der Saalebrücke in Weißenfels. „Ein solcher Angelplatz ist Neuland für uns, auch für den Landesanglerverband. Aber wir wollen die Sache anschubsen“, sagte Escher. Es scheine auch langsam Bewegung in das Vorhaben zu kommen.

Aus dem Landesanglerverband heißt es auf MZ-Anfrage, dass man die Errichtung barrierefreier Angelstege unterstütze und „in den letzten Jahren etwa fünf bis zehn Stück“ hinzugekommen seien. Der Verband helfe bei der Beantragung, der Vermittlung von Kontakten und unter Umständen auch bei der anteiligen Finanzierung, so Martin Schwabe, Verantwortlicher für Naturschutz und Öffentlichkeitsarbeit. „Die Kosten für die Anschaffung und Errichtung sowie die Genehmigung sind hier Hürden, welche erst durch den Verein genommen werden müssen.“

Vor Ort bleibt folglich viel zu tun. Bisher sei das Investitionsvolumen noch unklar, sagte Kreisanglervereinschefin Escher. Fakt ist, dass eine barrierefreie Angelstelle eine Zufahrt benötige, Absperrungen gegen das Fallen oder Rutschen in den Fluss aufweisen müsse und sinnvollerweise im Stadtgebiet liege, damit sie für viele gut erreichbar sei. Als weitreichend umriss Anglerin Escher den Nutzen nicht nur für diejenigen, die ihren Alltag mit einer Behinderung meistern müssen. Auch manch Senior fühle sich mit zunehmendem Alter unsicher und sei dankbar für einen gut erreichbaren und gesicherten Ort zum Angeln. Auch Familien mit Kinderwagen würden profitieren.