Matthias Wagner Matthias Wagner: Weißenfelser erinnert sich an 9. Oktober 1989
weissenfels/MZ - Den Abend des 9. Oktober hat er sich auch in diesem Jahr freigehalten. Seit Jahren mache er das so - Matthias Wagner und seine Ehefrau Kathrin aus Weißenfels waren am Mittwochabend beim traditionellen Lichtfest in Leipzig dabei. „Wir haben uns an die Bürgerproteste zum Ende der DDR erinnert und auf dem Augustusplatz die Zahl 89 aus brennenden Kerzen gestaltet“, sagt der heute 45-Jährige.
Für Wagner ist dieser Gedenktag der eigentliche Feiertag - Tag der Einheit und eben nicht der 3. Oktober, bekennt der Vater von zwei Kindern. „Was wir damals bei den Montagsdemonstrationen ganz ohne Gewalt erlebt haben, ist weltweit einmalig“, erklärt der Mann vom Regionalverlag Mansfeld-Südharz der Mitteldeutschen Zeitung feierlich und blickt mit Stolz auf die friedliche Revolution von 1989 zurück. Er zeigt Fotos von damals - war vor 24 Jahren zunächst als 21-jähriger Eisenbahner auf Straßen der Leipziger Innenstadt bei den Kundgebungen dabei, später in seiner Heimatstadt Weißenfels bei Friedensgebeten, zu denen das Neue Forum aufgerufen hatte.
„Der 9. Oktober 1989 war ein kalter Montag, ich hatte nach einem Wochenenddienst als Stellwerksmeister bei der Bahn frei, ich wollte nachmittags mit meinem Motorrad nach Leipzig“, sagt Matthias Wagner rückblickend. Irgendwie habe ihn so eine gewisse Ahnung beschlichen, dass etwas Großes passieren würde...
Er hat die Menschenmassen - 70 000 Leute wurden geschätzt - noch vor Augen, als wäre es erst gestern in Leipzigs Zentrum rings um die Nikolaistraße gewesen. Neben der Geburt von Tochter (23) und Sohn (10) habe Wagner den magischsten Moment seines Lebens erlebt. „Ich war Teil eines historischen Ereignisses, ich war wie aufgedreht und bin mit meinem Motorrad zurück nach Weißenfels gefahren, um meiner Frau zu berichten, jetzt wird alles anders mit der DDR“, sagt Wagner. Seitdem erinnert sich das Paar an die Zeit der Aufbruchstimmung im Herbst 89 und spaziert alljährlich durch die Leipziger Innenstadt und - kehrt in die Nikolaikirche ein.
Diesmal sei alles ein bisschen anders gewesen. „Auffallend viele junge Leute, meist Studenten ab 20 aufwärts, sind beim Lichtfest gewesen“, beschreibt Wagner das Bild des Abends. „Das Schöne ist, dass der Tag so wahrgenommen wird“, sagt der Verlagskaufmann glücklich. Ja, er sei froh und dankbar für ein solches Lichtfest wie in Leipzig.
Diesmal habe er mit seiner Frau auf dem Augustusplatz nicht nur Kerzen angezündet, sondern auch ein Theaterstück zum Thema Ausreise angeschaut, mit Musik und Videoinstallation. „Ein Mann hat in der Rolle als Penner - als Verlierer - moderiert, ein Ärztepaar spielte mit - als Gewinner der deutschen Einheit“, schildert Wagner. Doch das Paar habe im Westen sein ersehntes Glück nicht gefunden...