Loslassen fällt Telefonistin schwer
Weißenfels/MZ. - "Dass es so schlimm wird, hätte ich nicht gedacht." Marion Brückner sagt es und sitzt mit verweinten Augen in der Pförtnerloge im Weißenfelser Rathaus. Nach 22 Dienstjahren nimmt die Telefonistin ihren Abschied. Die 57-Jährige tritt in den Vorruhestand. Das Loslassen fällt ihr schwer, gibt sie zu.
Schon Tage zuvor verabschiedeten sich viele Kollegen persönlich mit Blumen und Karten sowie kleinen Geschenken bei Frau Brückner. "Sie sind nicht aus der Welt, Sie sind nur aus diesem Büro", tröstet Wolfgang Wloch vom Bauamt. "Hauptsache, Sie bekommen keine Langeweile ohne uns und schließen sich am besten einem Verein an. Da werden solche zuverlässigen und umsichtigen Leute wie Sie immer gebraucht", rät der Bauingenieur. Die Arbeit, der Trubel würden ihr fehlen, gesteht die freundliche Frau vom Einlassdienst der Stadtverwaltung. Die Kollegen seien ihre zweite Familie, und den Umgang mit Menschen brauche sie wie die Luft zum Atmen. "Ich habe mich stets als Dienstleister gesehen", zieht sie Bilanz.
Zu ihrer täglichen Arbeit gehörte es nicht nur, das Telefon zu bediene und Gespräche in die Ämter zu vermitteln. Bürgern, die nach dem Einwohnermeldeamt oder dem Fundbüro fragten, hat sie weiter geholfen. "Ich hatte außerdem Kontakte mit Touristen aus Amerika, Schweden und Polen", denkt sie an die Sommerferienzeit. Viele seien mit den Fahrrädern gekommen und hätten sich nach Gästezimmern und Sehenswürdigkeiten erkundigt. Eine Kuriosität vergisst die gelernte Schuhfacharbeiterin nie. Sie erinnert sich: "Ein Mann aus Frankfurt / Main war auf der Durchreise nach Berlin. Beim Tanken in Weißenfels merkte er, dass seine Geldbörse weg war. Da fiel ihm ein, dass er sie auf das Autodach gelegt und vergessen hatte. Ihm war eingefallen, dass Verwandte von ihm Bekannte in Weißenfels hatten. Wir haben die Leute ausfindig gemacht, so dass er sich von ihnen Geld leihen konnte. 14 Tage später kam ein Dankschreiben von ihm persönlich an mich." Frau Brückner hat sich darüber sehr gefreut und den Brief als Kostbarkeit aufbewahrt.
"Immer freundlich, immer hilfsbereit. Wir werden Frau Brückner sehr vermissen", urteilt Oberbürgermeister Manfred Rauner. Dr. Ulrike Hoffmann, dessen persönliche Referentin sagt über Frau Brückner: "Wenn sie helfen kann, setzt sie alle Hebel in Bewegung, um etwas rauszukriegen. Auch für jüngere Kollegen, deren Kinder noch häusliche Betreuung brauchen, ist sie immer eingesprungen und hat mit ihnen Dienste getauscht."
Als Spätdienst blieb die Weißenfelserin meistens länger, als es die Arbeitszeit vorsah. "Eingeschlossen habe ich in all den Jahren noch niemanden", blickt sie zurück. Bevor Marion Brückner nach Hause ging, machte sie ihre Rundgänge durch die Sitzungssäle. Manchmal wurde ein Schirm vergessen, den der Besitzer stets zurückbekam. "Es war ein schönes Arbeiten bei uns im Rathaus", resümiert die korrekte Mitarbeiterin. Dafür sei sie dankbar.