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Entführung im weißen Transporter Kindesentführung Leipzig: Drei Prozesstage für dreistündiges Martyrium einer Zwölfjährigen

Von Ralf Böhme 28.11.2017, 06:47
Der Transporter wurde von der Polizei bei Lützen gestoppt. Dort konnte das Mädchen aus dem Fahrzeug befreit werden.
Der Transporter wurde von der Polizei bei Lützen gestoppt. Dort konnte das Mädchen aus dem Fahrzeug befreit werden. Lucas S.

Leipzig - Dramatischer geht es kaum. Ein Mädchen aus dem Leipziger Westen will nach der Schule nach Hause. Dort kommt die Zwölfjährige aber nicht an. Bald ist es Gewissheit: Dahinter steckt ein gefährlicher Kidnapper und Kinderschänder.

Erster Beleg ist ein Notruf, abgesetzt vom Mobiltelefon der Schülerin. Bis zu 600 Polizisten schwärmen zur Suche aus. Erst in Sachsen-Anhalt gelingt es einem Sondereinsatzkommando, das Kind zu befreien. Der Peiniger der Gymnasiastin wird außer Gefecht gesetzt. Seit dem 7. Juni sitzt Frank L. in Untersuchungshaft.

Prozess gegen Kinderfänger im weißen Transporter

Drei Stunden ist das Opfer in der Gewalt des Verbrechers gewesen. Drei Tage dauert, wenn alles klappt, die Gerichtsverhandlung - das wäre ein kurzer Prozess. Start ist am 28. November um neun Uhr. So sieht es der Plan der dritten Strafkammer des Landgerichts in Leipzig vor.

Ob die Öffentlichkeit immer dabei sein kann, ist nicht sicher. Um das Opfer zu schonen, findet ein Teil der Verhandlung vielleicht hinter verschlossenen Türen statt.

Kinderfänger hat schweren Stand unter Mithäftlingen

Die Anklage lautet auf Entführung, schweren sexuellen Missbrauch, vorsätzliche Körperverletzung. Spätestens am 6. Dezember soll Klarheit herrschen. An diesem Tag soll der 36-Jährige aus dem Burgenlandkreis wissen, wie lange sein Aufenthalt hinter Gittern dauert. Seit seiner Festnahme in Muschwitz bei Lützen gilt der Kraftfahrzeugmechaniker als der „Kinderfänger von Leipzig“.

Dieser Ruf macht ihm schon jetzt im Gefängnis das Leben schwer. In Dresden, wo er nach MZ-Informationen hinter bis zu neun Meter hohen Mauern auf den Prozessbeginn in Leipzig wartet, sollen ihn Mithäftlinge anfeinden.

Erdrückende Beweise gegen Kinderfänger aus Lützen

Obwohl der Gerichtssprecher nicht auf Einzelheiten eingehen will, kann von einer erdrückenden Beweislage und wenigstens von einem Teilgeständnis ausgegangen werden. Offen bleibt bis auf Weiteres, ob eine Tötungsabsicht im Spiel gewesen ist. Nicht selten wollen gerade Sex-Täter unbedingt verhindern, dass ihr Opfer später als Zeuge aussagt. Kriminologen halten das für wahrscheinlich, sobald ein Kind seinen Peiniger und sein Fahrzeug beschreiben kann.

Eine Antworte bringt die Beweisaufnahme sicher in der Frage, wo sich eventuell ein vom Angeklagten vorbereitetes Versteck befunden habe. Ohnehin heben Ermittlern nach ihren Vernehmungen hervor, wie penibel das Vorhaben durch Frank L. vorbereitet worden sei.

Dazu gehört insbesondere die Präparierung des gemieteten Kleintransporters „Ford Transit“ als Entführungsfahrzeug. Die Staatsanwaltschaft listet eine Reihe von Details auf, darunter mit Folien abgedunkelte Scheiben sowie abgeschraubte Öffnungshebel und Türgriffe.

Kinderfänger wegen Kinderpornografie vorbestraft

Dem Kinderfänger droht auf alle Fälle ein sehr langer Freiheitsentzug. Das Landgericht geht nach eigenen Angaben von einem Strafrahmen zwischen drei und 15 Jahren aus. Dass der Angeklagte keinesfalls glimpflich davon kommt, dafür sorgt auch seine Vorstrafe - kassiert wegen strafbarer Umtriebe in Sachen Kinderpornografie. Ein Gerichtssprecher versichert: „Man kann davon ausgehen, dass gerade dieser Umstand mit als ein Kriterium bei der Straffestlegung beachtet wird.“

Inzwischen werden immer mehr Details aus dem Leben des Angeklagten bekannt. Ursprünglich stammt er wohl aus Weißenfels, ist aber schon vor geraumer Zeit nach Leipzig gezogen. Fest steht, ein unbeschriebenes Blatt ist er schon lange nicht mehr. Unter anderem sei er als Akteur in einem illegal produzierten Pornofilm mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Kulisse des Schmuddel-Streifens: eine Straßenbahn, unterwegs in Halle. (mz)