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Kaufland-Logistik Osterfeld Kaufland-Logistik Osterfeld: Kaum jemand will diesen Job

Von Petra Wozny 31.08.2016, 08:38
Nico Bocek hat ausgelernt und ist Fachkraft für Lagerlogistik.
Nico Bocek hat ausgelernt und ist Fachkraft für Lagerlogistik. Peter Lisker

Weißenfels - „Es ist krass: So viele freie Stellen wie in diesem Jahr hatten wir noch nie“, umschreibt Peter Grigoleit, Niederlassungsleiter der Kaufland-Logistik GmbH in Osterfeld, die Situation in seinem Unternehmen knapp einen Monat nach dem Start ins neue Ausbildungsjahr. 17 Stellen konnten nicht besetzt werden.

Zu wenig Bewerber für angebotene Stellen

Dass dies kein Kaufland-Logistik-Problem ist, bestätigt Simone Danek, Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK). „Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt spitzt sich dramatisch zu“, fügt sie hinzu. Zwei von fünf Firmen bekamen erst gar keine Bewerbungen für angebotene Stellen. Dies zeigt eine Umfrage der IHK unter den Ausbildungsunternehmen der Region. Inzwischen geben 52 Prozent – schon mehr als die Hälfte – der Befragten an, dass sie im vergangenen Jahr für freie Lehrstellen keinen Azubi mehr finden konnten.

Nicht nur Kaufland-Logistik betroffen

Tendenz steigend: 2013 waren nur 40 Prozent der Unternehmen betroffen. Befragt worden waren rund 100 Unternehmen im Süden Sachsen-Anhalts. Etliche Unternehmen wollten in der Öffentlichkeit und auf MZ-Nachfrage nicht über die Ausbildungsdramatik sprechen. „Kaufland-Logistik schon, wir wissen doch, dass es nicht nur uns so geht“, betont Chef Grigoleit.

Ausbildung hat guten Ruf

Das Unternehmen habe einen guten Ruf. Zentral von Osterfeld aus würden 116 Kaufland-Filialen beliefert. 600 bis 800 Lkw müssen dafür pro Tag mit Lebensmitteln beladen werden, was im Jahr einen Umfang von etwa zwei Millionen Paletten ausmacht. Für die Bekanntheit des Unternehmens würden die etwa 100 Bewerbungen pro Jahr sprechen. Und die kämen aus der Region ebenso wie aus Halle, Leipzig oder Jena. Die Ausbildung selbst trage gute Früchte. Kaufland-Logistik firmierte bereits zweimal als Top-Ausbildungsbetrieb. Ausbildungsleiter Thomas Bonack wurde als bester Ausbilder des Jahres geehrt. Kaufland-Jugendliche stünden regelmäßig auf den Siegertreppchen bei den Ehrungen um die Kammerbesten der IHK.

Schichtarbeit und miserable Busanbindung schrecken ab

In fünf verschiedenen Berufen wird in Osterfeld ausgebildet. Für den Beruf des Mechatronikers habe es 24 Bewerbungen auf eine Stelle gegeben. Das sei gut, täusche aber über die Gesamtsituation nicht hinweg. Denn während die Stellen für das Büromanagment ebenfalls gut besetzt seien, werde es im Bereich Fachlageristik immer kritischer. „Doch gerade die Mitarbeiter brauchen wir ganz dringend“, untermauert Grigoleit. Im neuen Ausbildungsjahr habe Kaufland gerade einmal einen Jugendlichen für den Beruf des Fachlageristen gewinnen können - besagte 17 Stellen sind noch offen.

Mangelnde Ausbildungsreife

Die Gründe dafür? Der gute Name allein und die nach Aussage des Chefs passable Bezahlung seien keine Selbstläufer. Grigoleit und Bonack machen das sinkende Interesse an Schichtarbeit, aber auch die Nahverkehrsanbindung für den mangelnden Zulauf an Jugendlichen mit verantwortlich. Die Jugendlichen würden Fahrgemeinschaften gründen, denn „die Busanbindung ist katastrophal“, schätzt der Niederlassungsleiter ein. Es sei für das Unternehmen ein echter Wettbewerbsnachteil. „Wir sind seit drei Jahren im Gespräch. Das ist einfach unbefriedigend“, betont Bonack. Azubi-Mangel sei aber nicht nur ein demografisches oder organisatorisches Problem, erläutert Danek weiter. „80 Prozent der Unternehmen beklagen, dass geeignete Bewerber fehlen – Betonung auf geeignet.“ Die mangelnde Ausbildungsreife heutiger Schulabgänger belaste den Ausbildungsmarkt zusätzlich. „Zahlreiche Jugendliche bringen nach Einschätzung der Unternehmen nicht genug Motivation, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit mit.“

Schlechte Noten für Betragen, Ordnung, Fleiß

Das bestätigt auch der Ausbildungsleiter Thomas Bonack. Zum einen gebe es deutliche Wissenslücken. „Wir laufen nicht mehr mit Stift und Zettel durch die Lager. Heißt: Auch unserer Fachlageristen müssen fit am Computer sein“, erläutert er und ergänzt: „Neben fehlendem Grundwissen stellen wir zudem deutliche Defizite in der Sozialkompetenz fest. Es geht heftig nach unten.“ Soll heißen: Die Kopfnoten würden Bände sprechen. In Betragen, Ordnung oder Fleiß eine Vier oder sogar noch schlechter seien für das Logistikunternehmen nicht hinnehmbar.

20 Jugendliche sind derzeit bei Kaufland-Logistik in Ausbildung. Die haben beste Aussichten, im Unternehmen auch einen Job zu bekommen. „Wir bilden hauptsächlich für uns selbst aus“, ist von Bonack zu hören. Im letzten Ausbildungsjahr hätten 80 Prozent der Azubis einen Vertrag bekommen. „Unbefristet“, versichert Bonack. Auch die restlichen 20 Prozent hätte das Unternehmen gern genommen. „Doch sie hatten plötzlich andere Pläne“, versichert Bonack und setzt nach: „Leider“. (mz)

Ausbildungsleiter Thomas Bonack von der Kaufland-Logistik mit den Auszubildenden. Es könnten eigentlich doppelt so viele sein.
Ausbildungsleiter Thomas Bonack von der Kaufland-Logistik mit den Auszubildenden. Es könnten eigentlich doppelt so viele sein.
Peter Lisker