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Kaffeefahrt-Prozess Kaffeefahrt-Prozess: Geldstrafen für "Wundermittel"-Verkäufer

Von Jan Iven 15.11.2016, 11:12
Im Februar 2014 löste die Polizei die Verkaufsveranstaltung in Zorbau auf.
Im Februar 2014 löste die Polizei die Verkaufsveranstaltung in Zorbau auf. Michael Thomé

Zorbau/Halle - Spätes Ende einer teuren Kaffeefahrt: Am Montagmorgen nun mussten sich die drei Männer vor dem Landgericht Halle wegen Betruges und Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz verantworten. Im Februar 2014 musste die Polizei mit 20 Beamten in die Zorbauer Gaststätte Friedenseiche einrücken, um eine sogenannte Kaffeefahrt aufzulösen. Die drei Organisatoren der Veranstaltung hatten gerade versucht, den etwa 30 vor allem älteren Menschen völlig überteuerte und wirkungslose Kapseln zu verkaufen. Bis zu 800 Euro wurde für eine Packung mit dem vermeintlichen Wundermittel verlangt, dem sogar lebensverlängernde Eigenschaften zugesprochen wurden.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hatten die drei Angeklagten an mehreren Tagen insgesamt 88 Rentner aus der Region mit Bussen nach Zorbau gebracht, um ihnen verschiedene überteuerte Produkte anzubieten. Darunter auch Kapseln als Nahrungsmittelergänzung. Diesem sogenannten Q-10-Produkt sollen die Moderatoren der Veranstaltung die wundersamsten Eigenschaften nachgesagt haben. Demnach soll das Präparat den Herzmuskel stärken und gleichzeitig das Wachsen von Gehirnzellen anregen, um Demenz vorzubeugen. Weitere Wirkung: ein niedriger Blutdruck. Insgesamt sollen sich die klinischen Symptome durch die Einnahme des Mittels um bis zu 78 Prozent verringern, was zu einer erhöhten Lebenswartung führen soll.

Präparat bestand aus Wasser, Zitrone und Mehl

„Die Angeklagten haben versucht, ein völlig wirkungsloses und wertloses Lebensmittel als Medizin zu verkaufen, um damit ihre Mondpreise zu rechtfertigen“, erklärte der Staatsanwalt vor dem Landgericht. Zumal der Wirkstoff, der angeblich all die wunderbaren Effekte haben soll, nicht einmal in den Kapseln enthalten war. Offenbar bestand das Präparat ausschließlich aus Wasser, Zitrone und Mehl.

Auf die Schliche gekommen waren die Ermittler den Angeklagten, als ein früherer Teilnehmer einer Kaffeefahrt Anzeige bei der Polizei erstattet hatte. Er war mit dem Versprechen auf einen Gewinn zu der Veranstaltung gelockt worden. Doch das Geschenk hatte er nie erhalten. Die Ermittler entschieden sich nun dafür, den Zeugen bei seiner nächsten Kaffeefahrt zu begleiten. Eine getarnte Kommissarin gab sich als seine Tochter aus und schickte mit ihrem Mobiltelefon Nachrichten aus der Zorbauer Friedenseiche an die Ermittler.

Vor Gericht berichtete die Polizeibeamtin von der Verkaufsveranstaltung. „Die Elektro-Fahrräder, die die Rentner angeblich gewonnen hatten, gab es natürlich nicht“, so die Polizistin. Stattdessen sollten sie bei einer Lotterie bis zu 1 000 Euro gewinnen können.

Dann wurden die Kapseln vorgestellt. „Es war schon beeindruckend, wie überzeugend die Moderatoren waren“, sagte die Beamten. So würde das Q-10-Produkt angeblich nicht von den Krankenkassen bezahlt , weil die Pharma-Lobby nicht wolle, dass die Menschen gesund werden. In den Vorträgen wurden die Kapseln zudem unerlaubterweise in die Nähe eines Medikamentes gerückt.

Verdutzt über Polizeiaktion

Schließlich griff die Polizei ein, um die Veranstaltung zu stoppen und die Moderatoren festzunehmen. Die Teilnehmer waren völlig verdutzt von der Polizeiaktion und beschwerten sich, dass sie wegen des Einsatzes ihre vermeintlichen Geschenke nicht bekamen. Zudem unterstellten sie den Beamten, für die Pharma-Lobby zu arbeiten.

Am Landgericht Halle handelten Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger zunächst einen groben Rahmen für eine Geldstrafe aus, so dass die Angeklagten die Vorwürfe schließlich einräumten. Die Vorsitzende Richterin verurteilte die drei Männer je nach Grad ihrer Beteiligung zu Strafen zwischen 4 800 Euro und 3 600 Euro. (mz)