Hingucken und sich einmischen
Lützen/MZ. - "Rechts ist immer da", schildert Patricia Seitz. In Lützen, in Weißenfels, seltener in der Schule, erklärt die 15-Jährige. Ist sie allein, geht sie den pöbelnden Jungs aus dem Weg. "Haltet den Mund!", schreit sie, wenn ihre Freundinnen angemacht werden. Ihre Erfahrung: "Meist werden die Ausschreitungen dann noch schlimmer. Das finde ich furchtbar." Ihre Schlussfolgerung: "Sich weiter einmischen."
Das findet auch Peter Reckmann, ein 16-jähriger Bayer, der jetzt in Lützen lebt. "An meiner Schule in Bayern war der Auftritt der Nazis noch schlimmer als hier." Da habe es zum Schulalltag gehört, dass Rechte Jugendliche zusammengeschlagen haben. Doch ob in Bayern oder in Sachsen-Anhalt, so findet der Schüler: "Mit denen will ich nichts zu tun haben."
Patricia und Peter gehören zu 44 Jugendlichen, die gemeinsam mit drei Lehrern beim großen "Rock the Race" in der Motorsportarena von Oschersleben dabei sein werden. "Hingucken und einmischen" heißt das Thema der Megaveranstaltung über drei Tage, auf der Jugendliche, Musiker und Motorsportler ihr Engagement für ein demokratisches und tolerantes Sachsen-Anhalt demonstrieren.
Cathrin Müller und Silke Tauhardt werden ihre Schüler nach Oschersleben begleiten. "Die Aktion ist gerechtfertigt. Auch an unserer Schule ist rechtes Gedankengut ein Thema", schildert Cathrin Müller. Springerstiefel seien zum Beispiel verboten. Durchgesetzt wurde das über die Hausordnung, die vor zwei Jahren eigens dafür verändert wurde. "Da gab es schon ganz schöne Diskussionen", erinnert sich Silke Tauhardt. Springerstiefel-Schüler seien nicht mehr ins Schulhaus gelassen worden und mussten von den Eltern abgeholt werden. Das habe dann schon Wirkung gezeigt. "Trotzdem geht es aber weiter", schildert die 17-jährige Ina-Maria Herzog. "Die sehen aus wie du und ich und haben auf ihrem MP3-Player Nazilieder", weiß die Großkorbethaerin.
Ausländerfeindliche Parolen hört Annemarie Macamo nicht selten. Aufgrund ihrer kaffeebraunen Hautfarbe und den gekräuselten Haaren - ihr Vater ist Afrikaner - werde sie "angemacht". "Ich bin sehr stolz, so zu sein, wie ich bin und biete denen die Stirn", sagt sie mit fester Stimme. Annemarie, Peter, Patricia und Ina-Maria freuen sich auf Oschersleben, das Konzert mit "Revolverheld" und das Motorspektakel. "Logisch, dass wir darüber nächste Woche in der Schule erzählen. "Laut gegen Nazis - das bleibt unsere Sache", sagt Peter.