Gegangen, um zu bleiben Gegangen, um zu bleiben: Wie ergeht es Weißenfelser Hebammen in Merseburg?

Weißenfels - Kinder kommen in Weißenfels zwar nicht mehr auf die Welt. Doch die Betreuung von Schwangeren und jungen Müttern liegt nach wie vor in den Händen der Weißenfelser Hebammen. Darauf machten Gudrun Becker und ihre Kolleginnen von der Hebammenpraxis „Eva“ anlässlich des Tages der Hebamme mit einem Infostand an der Promenade aufmerksam.
„Wir wollen Schwangere über unser Angebot informieren und jungen Müttern Gelegenheit für ein Wiedersehen bieten“, erklärt Becker. Die 59-Jährige ist die dienstälteste Hebamme in der Praxis, war 40 Jahre am Weißenfelser Krankenhaus, dem heutigen Asklepios-Klinikum, tätig. Dort kämpften sie und ihre Kolleginnen jedoch in den letzten Jahren vergeblich um eine Festanstellung. Bis sie im Dezember 2017 ihre Arbeit niederlegten und sich ab Januar 2018 am Merseburger Carl-von-Basedow-Klinikum fest anstellen ließen. Es war das Aus für die Weißenfelser Geburtsstation.
Wie ergeht es den Hebammen in Merseburg?
Doch wie ergeht es den Hebammen in Merseburg? „Wir haben uns gut hineingefuchst in die Arbeit, auch weil wir sehr herzlich aufgenommen worden sind“, erklärt Becker. Und Kollegin Sybille Körner: „Man war dort einfach froh über jede Verstärkung.“
Knapp tausend Geburten betreuten die Hebammen in Merseburg im vergangenen Jahr. Etwa 250 Frauen davon kamen aus Weißenfels und Umgebung. „Die Qualität der Geburtshilfe hat sich nicht verändert“, betont Körner. „Aber das Rundum-Sorglos-Paket von früher ist nicht mehr gegeben.“ Damals seien Schwangere in der Klinik auf Wunsch von ihrer vorsorgenden Hebamme entbunden worden. „Das war viel persönlicher und vertrauter.“ Heute hänge es dagegen von den Schichten ab, welche Hebamme die Geburt begleitet.
Hebamme: „Ich blicke schon mit Wehmut auf die Zeit in Weißenfels zurück“
„Ich blicke schon mit Wehmut auf die Zeit in Weißenfels zurück“, gesteht Becker. „Bereut habe ich den Wechsel nach Merseburg trotzdem nicht.“ Brachte er doch soziale Absicherung bezüglich Rente und Krankenkasse. Auch die erdrückend hohe Summe für die Haftpflichtversicherung müssen die Hebammen nun nicht mehr selbst bezahlen. Allein für dieses Jahr hätte sie 8.000 Euro gekostet.
Ob es jemals wieder eine Geburtsstation in Weißenfels geben wird? Becker: „Selbst wenn der Wille da ist - dafür braucht man Ärzte und Hebammen. Und die sind Mangelware.“ Bemühungen, die Geburtsstation wieder zu beleben, hat das Asklepios-Klinikum nach eigener Auskunft beendet. „Wir bedauern es immer noch sehr, dass die Geburtshilfe schließen musste“, heißt es von Seiten des Asklepios-Konzerns auf MZ-Anfrage.
In der Entbindungsstation ist ein größeres ambulantes onkologisches Zentrum eröffnet worden
„Trotz intensiver Anstrengungen ist es uns nicht gelungen, die offenen Stellen zu besetzen. Die weitere Suche nach Hebammen haben wir eingestellt.“ In der Entbindungsstation sei stattdessen ein größeres ambulantes onkologisches Zentrum eröffnet worden. Hebamme Becker ist überzeugt: „Die damalige Klinikleitung hat die Konsequenz unseres Weggangs nicht überschaut. Man dachte, man könnte einfach auf andere Hebammen zurückgreifen.“
Doch der Mangel ist nach wie vor groß. Becker: „Da der Hebammenberuf akademisiert werden soll, verzögern sich zudem die Ausbildungszeiten.“ Trotz allem hat die Arbeit für die Weißenfelser Hebammen nichts von ihrem Reiz verloren. „Ich habe 3.000 Geburten begleitet und noch immer geht es mir nahe, wenn ein Kind zur Welt kommt“, sagt Becker. „Eine Geburt ist oft ein Kampf für Mutter, Vater und Kind. Geht am Ende alles gut, setzt das auch bei mir Glücksgefühle frei.“
››Hebammenpraxis Eva in Weißenfels, Promenade 24, geöffnet Mo 8 bis 11 Uhr, Mi 16 bis 19 Uhr, Fr 9 bis 12 Uhr, Telefon: 03443/237091, Infos unter www.hebammenpraxiseva.de. (mz)