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Fichtenlaus in Weißenfels Fichtenlaus in Weißenfels: Es nadelt eimerweise

Von Bärbel Schmuck 07.07.2015, 18:35
Ein Blick nach oben schafft Gewissheit: Die 45 Jahre alte Blaufichte ist durch den Befall der Läuse verkahlt und nur noch eine Braunfichte.
Ein Blick nach oben schafft Gewissheit: Die 45 Jahre alte Blaufichte ist durch den Befall der Läuse verkahlt und nur noch eine Braunfichte. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Johanna und Rudolf Scheibert sind ratlos. Täglich schaufeln die Weißenfelser braune Nadeln von den Gartenwegen hinter ihrem Haus in Abfallbehälter - eimerweise. Seit Monaten geht das schon so. „Das artet aus in Schwerstarbeit, denn ich fahre die verrosteten Nadeln zum Kompostwerk“, sagt Rudolf Scheibert. Zweimal in der Woche sei er dorthin unterwegs. Im April hat es angefangen, seitdem hat sich das Nadeln der großen Blaufichten zum Dauerzustand entwickelt. Bei der Hitze sei das Einsammeln kein Zuckerschlecken, sondern penetrant, eine lästige und „nervende Nebenbeschäftigung“, gibt der 82-jährige Rentner zu. Jetzt hat er sich mit dem Problem an die MZ gewandt.

Die Sitka-Fichtenlaus ist grün und zwei Millimeter groß. Sie hält sich in lichtgeschützten Bereichen auf. Die geschädigten Altnadeln von Sitka- und Blaufichten verfärben sich gelbgrün, verbräunen später und fallen dann ab. Bei starkem Befall, besonders bei milder Witterung, sind auf einer Nadel bis zu zehn Läuse zu finden. Es kommt zu Massenvermehrung. Besonders gefährdet sind Fichten auf zu feuchten oder zu trockenen armen Böden an windgeschützten Standorten. Wichtig sind zur Vorbeugung eine ausgewogene Ernährung und auch regelmäßiges Wässern der Bäume - ebenfalls im Winter.

Gemeinsam findet mit Forstingenieurin Kerstin Czepluch von der Stadtverwaltung ein Termin bei Scheiberts im Garten statt. Für die Baumschutzverantwortliche ist diese Plage kein Einzelfall. Die Sitka-Fichtenlaus gibt es schon immer, die Läuse haben sich aufgrund des vergangenen milden Winters rasant vermehrt und sehr ausgebreitet. „Vor allem Blaufichten sind extrem befallen, Rotfichten eher nicht“, sagt die Sachgebietsleiterin Baumschutz aus dem Fachbereich Städtische Dienste. Die Schädlinge mögen besonders die Altnadeln, neue Triebe indes bleiben grün, erklärt Kerstin Czepluch. Derzeit bekomme sie eine Menge Bilder von Bürgern geschickt, auf denen befallene Nadelbäume zu sehen sind. „Es gibt noch viel schlimmere Fälle als bei ihnen“, beschreibt sie.

Für Scheiberts ist das ein schwacher Trost. Sie wollen wissen, ob die etwa 20 Meter hohen Bäume gefällt werden müssen und wie es sich mit einem Antrag verhält. Zwei der drei 45 Jahre alten Riesen sind nicht mehr zu retten. Für diese Blaufichten die Johanna Scheiberts Mutter 1970 gepflanzt hat, will Kerstin Czepluch Fällgenehmigungen erteilen - allerdings erst nach der Vogelschutzzeit. Laut Baumschutzsatzung der Stadt Weißenfels dürften die Bäume nicht vor dem 1. Oktober dieses Jahres gefällt werden. Johanna Scheibert atmet auf. Für die 81-Jährige und ihren Mann, die inzwischen einen Fällantrag an die Kommune gestellt haben, seien es keine stattlichen Bäume mehr, sondern nur noch traurige Figuren, die den Garten verschandeln. „Kaffeetrinken ist nur noch unter aufgespanntem Schirm möglich, egal wie das Wetter ist. Das unaufhörliche Genadel nervt“, sagt die Weißenfelserin. Der Garten sehe immer liederlich aus. Das gehe ihr gegen den Strich. Auch wenn die verlausten Blaufichten Stammesumfänge von mehr als 80 Zentimetern aufweisen - nämlich Durchmesser von 1,22 Metern, müssen Scheiberts als Grundstückseigentümer im konkreten Fall keine Ersatzpflanzungen leisten. Laut Satzung müssten sie zwar handeln, doch die von der Laus befallenen Bäume seien dermaßen krank, dass nur noch Fällung in Frage komme - ohne Ersatz. Im Normalfall müsse laut Satzung ein gefällter Baum mit einem Durchmesser von 80 Zentimetern durch einen neuen ersetzt werden. Jede weiteren 50 Zentimeter erfordern je eine Ersatzpflanzung, erklärt die Frau von der Stadt Satzungsmodalitäten.

Für Scheiberts aber stehe fest, dass sie neues Grün pflanzen wollen. „Nadelbäume müssen es diesmal allerdings nicht sein, wir haben ja noch Zeit und wollen uns bis zum Herbst überlegen, was am geeignetsten erscheint“, sagt Rudolf Scheibert. Er setze auf fachlichen Rat und sei erst mal froh, dass eine Entscheidung gefallen ist.

Besonders erfreut sind die Senioren auch darüber, dass der riesengroße Ahornbaum auf dem Nachbargrundstück gleich einen Tag nach der Begehung ausgelichtet wurde. Er hatte sich nicht nur bis zu Scheiberts Garten ausgebreitet und jede Menge Licht genommen. Durch einen sichtbaren Riss im Stämmling stellte der 70 Jahre alte Riese Gefahr im Verzug dar. Darauf sei es angekommen. „Wir mussten im Rahmen der Verkehrssicherheitspflicht schnell handeln“, erläutert Frau Czepluch. „Gut, dass sie uns informiert haben“, fügt sie hinzu. (mz)

Begehung auf dem Grundstück von Familie Scheibert in Weißenfels: Rudolf Scheibert schildert der Baumschutzverantwortlichen bei der Stadt, Kerstin Czepluch, seine Sorgen. Die Forstingenieurin macht sich ein genaues Bild und Notizen. Zwei von drei Blaufichten sind aufgrund von drastischem Fichtenlausbefall nicht mehr zu retten. Die Familie stellt einen Fällantrag. Im Herbst sollen die Bäume entfernt werden.
Begehung auf dem Grundstück von Familie Scheibert in Weißenfels: Rudolf Scheibert schildert der Baumschutzverantwortlichen bei der Stadt, Kerstin Czepluch, seine Sorgen. Die Forstingenieurin macht sich ein genaues Bild und Notizen. Zwei von drei Blaufichten sind aufgrund von drastischem Fichtenlausbefall nicht mehr zu retten. Die Familie stellt einen Fällantrag. Im Herbst sollen die Bäume entfernt werden.
Peter Lisker Lizenz