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Existenzgründer aus Deuben Existenzgründer aus Deuben: Damit die Simson richtig läuft

Von anka stolper-heinike 29.09.2015, 14:23
Diese 150er ETZ bringt Ingo Rödiger wieder auf Vordermann.
Diese 150er ETZ bringt Ingo Rödiger wieder auf Vordermann. Peter Lisker Lizenz

Deuben - Wenn man Ingo Rödiger nach seinem Lieblingsgeräusch fragt, braucht der 33-Jährige nicht lange zu überlegen. Als gelernter Zweiradmechaniker hört er am liebsten das Brummeln von Motorrad- und Mopedmotoren. Ob tiefes Grummeln, lautes Röhren oder helles Summen - der zweifache Familienvater kennt sich aus und weiß genau, mit welchem Fahrzeug er es zu tun hat. Denn Motorräder und Mopeds sind nicht nur seine Leidenschaft. Mit ihrer Reparatur und Instandhaltung bestreitet er vor allem seinen Lebensunterhalt.

Seit Mai dieses Jahres nutzt Ingo Rödiger dafür ein besonderes Gebäude. In der alten Elektrizitätsanlage der ehemaligen Braunkohlengrube „Emilie“, direkt an der Bundesstraße 91 in Deuben hat er einen Motorradservice eröffnet. Dort, wo bis 1927 Generatoren von Gaskraftmaschinen mit überschüssigem Gas aus der Schwelerei angetrieben wurden, hält er heute große und kleine Maschinen in Schuss, repariert und wartet sie oder baut sie gar von Grund auf neu auf.

Seit 2001 selbstständig

Im Motorradland Zorbau hat Ingo Rödiger gelernt und zwölf Jahre lang gearbeitet, ehe er für ein Jahr in eine Motorradwerkstatt nach Leipzig wechselte. Dass dies nur eine Zwischenstation sein würde, sei von vornherein klar gewesen, erzählt Ingo Rödiger, dessen Wunsch es schon immer war, selbstständig zu sein. Der Hohenmölsener Enrico Berndt ermöglichte ihm schließlich 2011 die Existenzgründung. „Er hatte einen Raum in seiner Autowerkstatt frei, in dem ich mich einmieten konnte. Und er hat mir sogar einige Maschinen zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt. Das war sehr großzügig“, betont Ingo Rödiger. Zumal er deshalb keine Großinvestitionen, zum Beispiel für eine Reifenmontiermaschine, habe tätigen müssen.

Seit die Familie wegen des Braunkohlenbergbaus 1998 von Grunau nach Tackau umgesiedelt ist, lebte Ingo Rödiger mit seiner Familie mit im Haus der Eltern. Und weil es dort zu eng wurde, erwarb er das Nachbargrundstück und baute dort einen modernen Wohn-Bungalow. Just auf diesem Grundstück befindet sich auch das Backsteingebäude der ehemaligen Elektrizitätsanlage der Braunkohlengrube. Ingo Rödigers Vorschlag, dort eine Motorradwerkstatt einzurichten, fiel bei der Kreissparkasse auf fruchtbaren Boden. Nach einem Rundgang durchs Gebäude, habe es das Okay für die Finanzierung gegeben. Dann hieß es, in die Hände zu spuken. „Wir haben hier Tag und Nach gearbeitet. Allein drei Wochen hat es gedauert, bis wir den Schutt herausgeräumt hatten“ erinnert sich Ingo Rödiger. Decken, Fußböden, Heizung, Elektrik hat er gemeinsam mit seinem Vater, Bruder und Freunden erneuert. Zwei Rolltore wurden an der Vorderfront des Gebäudes eingesetzt, damit die Fahrzeuge von der Straße direkt in die Werkstatt gebracht werden können. Im Winter sollen weitere Bauarbeiten folgen.

DDR-Mopeds sehr gefragt

Nicht nur der Kundenstamm ist in die neue Rödiger-Werkstatt mit umgezogen. Es hat sich vor allem herum gesprochen, dass der Zweiradmechaniker nicht nur den Verkauf und die Reparatur moderner Motorräder betreibt, sondern sich auf DDR-Fabrikate spezialisiert hat. „Ich bin Simson-Fan, seit ich zur Jugendweihe einen Habicht geschenkt bekommen habe“, erzählt er. Das Moped aus der sogenannten Vogelserie des Volkseigenen Betriebes (VEB) Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ läuft heute noch. Und ob Schwalbe, Star, Spatz, Habicht, Sperber, SR 1 und 2, Simson S 51 oder auch Motorräder der Marken MZ, ES oder Awo - Ingo Rödiger bringt sie wieder zum Laufen. Während der Wintermonate baut er die Fahrzeuge sogar von Grund auf wieder neu auf.

Momentan seien die Mopeds aus DDR-Produktion sehr gefragt, weil Jugendliche aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen mit 15 Jahren den Führerschein erwerben können und die Mopeds Tempo 60 laufen dürfen. „An diesem Markt kommt zur Zeit niemand aus unserer Branche vorbei“, betont der Zweiradmechaniker. Leider seien viele der Fahrzeuge, die ihm gebracht werden, verbastelt oder schlecht aufgebaut. „Dann muss ich ran und bring sie wieder in Gang“, versichert Ingo Rödiger. (mz)

Lange stand das alte Grubengebäude in Tackau leer. Jetzt werden dort Motorräder und Mopeds gewartet, repariert und auch verkauft.
Lange stand das alte Grubengebäude in Tackau leer. Jetzt werden dort Motorräder und Mopeds gewartet, repariert und auch verkauft.
peter Lisker Lizenz