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Quer durch die Welt nach Weißenfels Ein Meister an der Geige

Der gebürtige Ungar Nandor Szederkenyi möchte Schüler unterrichten. Wie ihn sein Weg quer durch die Welt nach Weißenfels geführt hat.

30.04.2021, 06:02
Nandor Szederkenyi hält seine wertvolle Geige in der Hand, auf der er international erfolgreich gespielt hat.
Nandor Szederkenyi hält seine wertvolle Geige in der Hand, auf der er international erfolgreich gespielt hat. Foto: Andrea Hamann-Richter

Weißenfels - Nandor Szederkenyi steht auf dem Marktplatz von Weißenfels. Dabei trägt der 65-Jährige sein kostbarstes Gut bei sich. Es handelt sich um eine Geige, erbaut von Nicolò Gagliano, Baujahr 1762, und mit dem Musikinstrument in der Hand schaut der Mann fasziniert zum Schloss Neu-Augustusburg hinüber. Es war Zufall, dass er erfuhr, dass seine neue und derzeitige Wahlheimat so eng verbunden ist mit dem berühmten deutschen Komponisten Johann Sebastian Bach. Bach fungierte zu seiner Zeit unter anderem als Weißenfelser Hofkapellmeister und Nandor Szederkenyi kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, wenn er über sein Vorbild spricht. „Bach konnte etwas, was keiner konnte“, sagte er mit Blick auf dessen Kompositionen, die bis in die heutige Zeit wirken.

Nandor Szederkenyi muss es wissen. Er selbst interpretierte Stücke von Bach auf seiner Violine. Davon können nun auch musikinteressierte Menschen profitieren, denn er ist Professor an der Geige und will Unterricht geben. Er möchte den Schülern Zugang zu jener Leidenschaft vermitteln, die sein ganzes Leben, und das vor allem auch international sehr erfolgreich, geprägt hat.

Flüchtlingsstatus und Freunde halfen

Der gebürtige Ungar wuchs in einer musikalischen Familie auf. „Mein Vater war auch Geiger“, sagt er. Die Familie lebte in einfachen Verhältnissen, bewohnte eine Einraumwohnung in Budapest und so hat er als Junge schon vom Bett aus zugesehen und vor allem zugehört, wie der Vater unterrichtete. Nach der Schule führte ihn sein Weg daher auch an die bekannte Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest und später wurde Nandor Szederkenyi Solist in der Ungarischen Philharmonie.

„Ich war aber ein Weltbürger und auch in Ungarn galten Reisebeschränkungen, die mir nicht gefielen“, sagt er. Immerhin durfte der Geiger zu Auslandsauftritten reisen, für die er dann einen besonderen Pass ausgestellt bekam. Dieses Privileg nutzte der junge Mann und kehrte von einem Auftritt in Bordeaux in Frankreich nicht mehr zurück nach Budapest, flüchtete in die damalige BRD. Der Flüchtlingsstatus und Freunde hätten ihm geholfen, dort Fuß zu fassen, ist der Vater zweier Töchter noch heute dankbar.

16 Jahre lang als Konzertmeister in Japan tätig

In dieser Zeit lernte er auch seine Frau Nora kennen, die beruflich Bratsche spielte - und beide verspürten den Wunsch, weg aus Europa zu gehen. Die neue Heimat wurde erst Kanada und schließlich führte sie der Weg nach Japan, wo Nandor Szederkenyi 16 Jahre lang als Konzertmeister tätig war. Vor vier Jahren führte ihn sein beruflicher Weg weiter nach London, wo er ebenfalls als Konzertmeister arbeitete.

Er und seine Frau empfanden die Möglichkeiten dort zu leben und zu arbeiten als sehr gut. Hinzu kam, dass eine ihrer Töchter in diesem Land bereits erfolgreich als Geigerin tätig war. Die andere Tochter spielt als Solo-Harfenistin im Gewandhaus Leipzig - und das war schließlich einer der Gründe, von London wegzuziehen. „Wir wollten endgültig sesshaft werden, in England Grund und Boden zu kaufen und darauf ein Haus zu errichten, war aber faktisch unbezahlbar“, sagt er.

Also zogen sie den Radius um Leipzig herum und wurden in Mertendorf bei Naumburg fündig, wo derzeit ihr neues Haus entsteht. Bis es fertig ist, bewohnt Nandor Szederkenyi eine kleine Wohnung in Weißenfels. Von dort aus unterrichtet er zurzeit seine Londoner Schüler und ist dankbar, dass dies online möglich ist. Ab Ende Mai, so hofft er, wird er Schüler auch im Raum Weißenfels, bei Bedarf auch zu Hause, unterrichten können. (mz/Andrea Hamann-Richter)