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Gespräch mit Schülern Ehemaliger Drogenabhängiger Sebastian Caspar aus Leipzig spricht über die Droge Crystal.

Von Andrea Hamann-Richter 26.01.2017, 12:21
Sebastian Caspar erzählt den Neustadtschülern von seiner Crystal-Meth-Sucht.
Sebastian Caspar erzählt den Neustadtschülern von seiner Crystal-Meth-Sucht. Peter Lisker

Weissenfels - Ehrlich und schonungslos - so erzählt der 39-jährige Sebastian Caspar am Mittwoch über seine frühere Crystal-Meth-Sucht. Grundlage ist sein Buch „Zone C“, ein Roman über eine Drogenkarriere. Die Zuhörer des gebürtigen Weißenfelsers sind Neuntklässler der Neustadtschule.

Ehemaliger Drogenabhängiger Sebastian Caspar berichtet in Weißenfelser Neustadtschule über Drogenerfahrung mit Crystal Meth und die Folgen

Der heutige Wahlleipziger will eigentlich vorlesen, aber dazu kommt er nicht. Er hat so viel zu erzählen. Das ist auch nicht schlimm. Die Jungen und Mädchen haben den Roman im Deutschunterricht behandelt. Sie hören zu, was der Mann erzählt. „Das Buch finden viele schockierend, aber die Realität ist noch viel schlimmer“, sagt er und legt los.

Ganz schnell steckte er in Sucht drin. Sobald er die Droge hatte, musste er sie nehmen. Das war der Alltag. „Nachdem ich sie mir reingeballert hatte, gab es einen kurzen Moment des Genießens - und danach habe ich mich nur noch beschissen gefühlt“, schaut der Mann zurück. „Der Körper war völlig im Arsch, man schläft drei Tage lang nicht und kommt einfach nicht mehr runter“, sagt er weiter.

Deshalb gibt es seiner Meinung nach auch keinen Konsumenten, der nur Crystal nimmt. „Wir haben Bons ohne Ende geraucht und ich habe irgendwann schwerste Beruhigungsmittel genommen, um runterzukommen“, sagt der heutige Vater eines vierjährigen Kindes. Die Beruhigungsmittel hatten die Crystal-Dealer gleich mit im Angebot. Seine Mutter, eine Psychologin aus Weißenfels, habe der Situation hilflos gegenübergestanden. Ihr gegenüber versuchte er, die Sucht zu verheimlichen. „Sie wusste was, aber sie wusste nicht, was es ist“, so der Diplomsozialarbeiter.

"Ich lag depressiv im Bett", so Sebastian Caspar

Eine Situation mit ihr hat er heute noch deutlich vor Augen. „Ich lag depressiv im Bett. Meine Mutter kam und fragte was los ist. Das Allerschlimmste war, dass es ihr nicht sagen konnte, was ist“, sagt Sebastian Caspar. Die Ohnmacht war zu groß. Sein Vater, damals Lehrer in Merseburg, habe auch nicht viel ausrichten können.

Zum Schluss war es so schlimm, dass er den inneren Schmerz nicht aushielt. Also fing er an, sich zu ritzen. „Schön in den Oberarm geschnitten - befreiend“, gibt er zu.

Dann kam die Entscheidung, aufzuhören. Zwei Jahre dauerte es, bis er von der Droge loskam. „Mit Rückfällen“, wie er zugibt. Einen Langzeitschaden hat er davongetragen. Das sind Schlafprobleme. Weshalb er drogensüchtig wurde, weiß er selbst nicht so genau. Darüber denkt er heute noch nach, sagt er den Schülern.

Seiner Meinung nach müssen sich Eltern mehr mit dem Thema Drogen auseinandersetzen. Sie müssen wissen, was in den Köpfen ihres Nachwuchses vorgeht und welche Drogen es gibt. „Irgendwann liegt Crystal bei ihren Kindern auf dem Tisch und dann fällt die Entscheidung. Bei einem Ja ist es dann der erste Weg, der Sucht heißt“, macht er klar. Ein Geheimrezept, um die Kinder zu schützen gibt es nicht, weiß auch er. „Kümmern“, sagt Silvio Klawonn, Polizeikommissar vom Revier des Burgenlandkreises. Mit ihm war die Lesung initiiert worden.

Gerade Mädchen sind gefährdet, sagt Sebastian Caspar. Crystal sorgt für eine schnelle Gewichtsabnahme. Das macht es so attraktiv und so gefährlich. „Es herrscht ein großer Druck auf die Frauenwelt“, weiß der heutige Flüchtlingssozialarbeiter und verheiratete Mann. „Ich kenne ein Mädchen, das hat mit zehn Jahren angefangen und hatte mit zwölf Jahren bereits zwei Abtreibungen hinter sich“, so der Mann. Denn Crystal wirkt auch sexuell stimulierend. Aber das ist nicht echt. Da geht es nur noch um Sex. Es ist eine Scheinwelt aus der der Betroffene nur schwer wieder herauskommt.

Mehr Informationen unter www.sebastiancaspar.de

(mz)