Ehemalige Gaststätten in Weißenfels Ehemalige Gaststätten in Weißenfels: Wo sind all die Kneipen hin?

Weißenfels - Hans-Joachim Stehlik muss es wissen. „Vor dem ersten Weltkrieg gab es mal bis zu 150 Gaststätten in der Stadt“, erzählt der Weißenfelser und fügt hinzu: „Es gab kein Fernsehen und kein Radio, da ging man in die Kneipe.“ Seit Jahren beschäftigt sich der 75-Jährige mit der Geschichte seiner Heimatstadt, hat bereits zahlreiche Beiträge dazu veröffentlicht. Dabei verkörpert er mittlerweile selbst ein Stück Historie. Seit 1946 lebt er in der Hohen Straße. „Ich bin der älteste Ureinwohner der Straße“, sagt er nicht ohne Stolz.
Wer mit dem Senior auf den Spuren der Weißenfelser Kneipenszene von einst wandelt, der kommt aus dem Staunen nicht heraus. Denn wer kann schon heute noch etwas mit Gaststätten anfangen, die einst so eigenwillige Namen trugen wie „Zur Weste“, „Zur Jacke“ oder „Zur Hose“? Alle drei gab es in der Hohen Straße. „Das war die Gegend mit der größten Gaststättendichte von Weißenfels“ weiß Stehlik. Die „Weste“ befand sich dort, wo heute alte Garagen stehen, noch bis Mitte der 1960er Jahre. Wie es zu den Namen kam? Da muss selbst der Hobbyhistoriker passen.
Nationalgericht der Weißenfelser: Salzknochen mit Meerrettichsoße, Sauerkraut und Kartoffelklößen
Bedauerlich findet er, dass viele Gebäude mittlerweile weggerissen sind. So auch die Häuser Hohe Straße 28 und 30, zu denen er einst eine ganz besondere Beziehung hatte. „Von dort hab’ ich als Kind Malzbier in der Kanne für meine Großeltern geholt“, erzählt der Senior. Die Spezialität in der Gaststätte von Robert Zimmermann: Salzknochen mit Meerrettichsoße, Sauerkraut und Kartoffelklößen. „Das war lange ein Nationalgericht der Weißenfelser“, weiß Stehlik.
Doch der Rundgang zeigt: Längst nicht alle Gebäude, in denen einst Gaststätten waren, sind heute aus dem Stadtbild verschwunden. Auffällig ist die Fassade des ehemaligen Lokals „Alt-Weißenfels“ in der Großen Burgstraße. „Das Lokal hieß im Volksmund ’Erbse’ und hatte einen eher zwiespältigen Ruf“, erzählt Stehlik. Auf der Kleinkunstbühne des heute leerstehenden Gebäudes habe in früheren Zeiten auch mal die eine oder andere nicht ganz jugendfreie Vorstellung stattgefunden. Ein eher trostloses Bild bietet ebenso einige Meter weiter die einstige Gaststätte „Zum Burgkeller“.
Aus „Ritterhof“ wurde „Schnitzelschmiede“ in Weißenfels
Ein bemerkenswerter Ort Weißenfelser Gaststättentradition ist auch jenes Gebäude in der Zeitzer Straße, in dem heute die „Schnitzelschmiede“ zu finden ist. Ehemals gab es dort den „Ritterhof“, so Stehlik. Nachdem das Gebäude am Ende des Zweiten Weltkrieges durch den herabfallenden Tank eines angeschossenen Flugzeuges ausgebrannt war, stand es lange als Ruine da, wurde dann in den 1960er Jahren durch einen Neubau ersetzt. Die Wohngebietsgaststätte im Erdgeschoss hieß „Drushba“ (Freundschaft).
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