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Dreißigjähriger Krieg  Dreißigjähriger Krieg : Die vergessene Schlacht bei Weißenfels

Von Ingo Bach 30.04.2016, 10:00
Auf dem linken Saaleufer bei Weißenfels (im Bild oben) standen die Schweden und versuchten, die Flusslinie zu verteidigen, was ihnen zunächst auch gelang. Den kaiserlichen Truppen schafften es nicht, einen Brückenkopf zu halten, aber die Stadt Weißenfels selbst.
Auf dem linken Saaleufer bei Weißenfels (im Bild oben) standen die Schweden und versuchten, die Flusslinie zu verteidigen, was ihnen zunächst auch gelang. Den kaiserlichen Truppen schafften es nicht, einen Brückenkopf zu halten, aber die Stadt Weißenfels selbst. Kupferstich: Carlo Cappi/Repro: Bach

Weißenfels - Wenn im Altkreis Weißenfels an die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) erinnert wird, dann steht ihrer Bedeutung gemäß die Schlacht bei Lützen vom 6./16. November 1632, in deren Verlauf der schwedische König Gustav II. Adolf tödlich verwundet wurde, im Mittelpunkt des Interesses. Diese kriegerische Auseinandersetzung ist jedoch nur eines der schrecklichen Ereignisse in der Region, die für die Bevölkerung unsagbares Leid, Not und Elend brachten. Dabei fand bisher das militärische Geschehen am Mittellauf der Saale im Frühjahr 1641 weder in der allgemeinen Historiographie noch in der regionalgeschichtlichen Forschung die gebührende Aufmerksamkeit.

Truppen müssen sich zurückziehen

Nachdem der Handstreich des schwedisch-französischen Heeres auf Regensburg, wo der deutsche Kaiser Ferdinand III. und die deutschen Reichsstände tagten, Mitte Januar 1641 gescheitert war, mussten sich die Truppen vor einem überlegenen kaiserlichen und bayrischen Heer unter großen Schwierigkeiten durch Böhmen und Sachsen zurückziehen. Die Armee Schwedens unterstand dem Feldmarschall J. G. Banér (auch „Banner“), den französischen Truppenteil befehligte Marschall J. B. Budes de Guébriant. Diesem gehörten auch weimarische Einheiten an. Oberbefehlshaber der kaiserlich-bayrischen Streitmacht war Fürst Octavio Piccolomini.

Die Franzosen besetzten das Vogtland und das mittlere Saaletal, während das schwedische Heer Ende März 1641 zunächst bei Zwickau stand. Letzteres musste sich weiter nach Norden zurückziehen, an seiner rechten Flanke argwöhnisch von den Sachsen beobachtet, von Süden her durch die nachrückende kaiserlich-bayrisch Armada stark bedrängt. Die Schweden besetzten von Altenburg kommend am 6./16. April Zeitz, passierten Weißenfels (7./17. April) und die Saale am 9./19. April in Richtung Merseburg. Ab dem 10./20. April 1641 befanden sich dann alles Schweden und der mit ihnen verbündete Truppenverband, der sich über Kösen zurück gezogen hatte, auf dem linken Ufer der einen natürlichen Schutz bildenden Saale.

Die nachrückenden Kaiserlichen, die Weißenfels besetzten, versuchten am 28. April/8. Mai 1641 über die Saale nach Norden vorzustoßen. Ungehindert vom Gegner schlugen sie unterhalb von Weißenfels in der Nähe der „Herrenmühle“ eine Behelfsbrücke über den Fluss und errichteten am nördlichen Ufer einen Brückenkopf. Ihr Angriffsziel war zunächst der Gebäudekomplex des Laurentius-Hospitals (heute Standort des „Gloria-Palastes“). Am folgenden Tag gelang es den schwedisch-französischen Truppen unter großen Anstrengungen, wobei sie von einer in der Nähe des Hospitals stationierten Geschützbatterie unterstützt wurden, die auf dem Nordufer befindlichen Kaiserlichen über die Behelfsbrücke wieder auf das rechte Saaleufer zurückzudrängen. Dabei sollen 400 Kaiserliche getötet worden sein.

Den Soldaten unter dem Kommando Piccolominis auf der südlichen Saaleseite gelang es trotz des Einsatzes ihrer hervorragend am und auf dem Hang des Klemmberges positionierten Artillerie nicht, die jenseits aufgeworfenen Schanzen sofort wieder zurückzugewinnen. Sie konnten jedoch an anderer Stelle dem Feind bedeutenden Schaden zufügen, in dem ein waghalsiger Soldat die Saale durchschwamm und mit einem Feuerbrand nach Burgwerben lief, wo die Bagage von fünf schwedischen Regimentern stand. Nachdem er das nächstgelegene Strohdach angezündet hatte, brannten das Dorf mit Kirche, Pfarr- und Schulhaus, aber auch der schwedische Tross in einer halben Stunde ab.

Die doppelte Datumangabe im Artikel bezieht sich auf die Datierung nach dem damals meist gültigen julianischen Kalender (erste Zahl) und dem gregorianischen. Zwischen beiden bestand im 17. Jahrhundert ein Unterschied von zehn Tagen. In Deutschland wurde erst zu Beginn des 18 Jahrhunderts komplett auf den noch heute gültigen gregorianischen Kalender umgestellt. (ze)

Piccolomini und seine Streitmacht mussten zunächst den Versuch aufgeben, bei Weißenfels auf das linke Saaleufer zu gelangen, behaupteten jedoch weiterhin die Stadt. Nachdem sich dann das gesamte kaiserliche Heer bis Mitte Mai 1641 auf dem rechten Saaleufer zwischen Naumburg und Bernburg gesammelt und an verschiedenen Stellen über den Fluss setzen konnte, mussten die verbündeten Schweden, Franzosen und Weimaraner die Saalelinie aufgeben und sich zurückziehen.

Über das kriegerische Geschehen am 29. April/9. Mai 1641 bei Weißenfels liegt ein Kupferstich des Ingenieurs Carlo Cappi vor (siehe Abbildung). Auch Friedrich Schiller hat in seiner berühmten „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ (1791/1793) kurz über das Geschehen an der Saale im Frühjahr 1641 berichtet: „Und beide (Banér und Guérbriant - I. B.) richteten ihren Marsch nach Halberstadt, nachdem sie umsonst versucht hatten, die Saale zu verteidigen und den Österreichern den Übergang zu verwehren“. (mz)

Wo heute das Gloria steht, griff die kaiserliche Armee an.
Wo heute das Gloria steht, griff die kaiserliche Armee an.
Peter Lisker