Doppelter Napoleon in Siegeslaune
Halle/MZ. - Er sieht Napoleon zum Verwechseln ähnlich, ist dem französischen Kaiser wie aus dem Gesicht geschnitten. Die Rede ist von Jürgen Stanke. "Als meine Tochter gerade mal vier Jahre alt war, sagte sie zu einem Napoleon-Bild Papa", erinnert sich der
57-Jährige. "Als Gast auf historischen Schlachtfeldern hörte ich immer ein Tuscheln, der sieht aus wie Napoleon." So sei es nur eine Frage der Zeit gewesen bis er den Franzosen-Kaiser auferstehen ließ.
Sein einziges Manko ist die Größe. Der historische Napoleon war nämlich nur 1,69 Meer groß. Sein Double aus Leipzig bringt es auf 1,80 Meter. "Die Menschen sind in jedem Jahrhundert zehn Zentimeter größer geworden. Also wäre Napoleon heute mindestens 1,89 groß", sagt der Sachse. Von Marokko bis Borodino sei er schon als Napoleon gewesen. "Ich brauche keine Arbeit, sondern nur genügend Geld für mein Hobby", sagt er. Doch schon am Montag lenkt er wieder seinen Bus auf den Linien 130 und 163 in Leipzig.
Mit seiner Leidenschaft für Napoleon ist er nicht allein. Auch Wolfgang Bellon aus Meißen schlüpft in die französische Uniform. "Für mich war Napoleon ein strategisches Genie", sagt der Chef einer international tätigen Handelsfirma aus Meißen. Der 60-Jährige betont, dass er sogar französische Wurzeln habe.
Schon am Mittwochabend schlug das Lützower Freikorps seine Zelte im Biwak auf. "Wir genießen es, mit Gleichgesinnten zusammen zu sein", sagt Thurit Uhlig. Mit rund 30 Frauen, Männern und Kindern - das jüngste gerade mal fünf Monate alt - campieren sie in Großgörschen, greifen als Kanoniere, Artillerie und mit zwei Pferden in das Schlachtgeschehen ein. "Das Freikorps hatte keine einheitlichen Uniformen. Die vorhandenen wurden einst mit schwarzer Farbe übertüncht", sagt der Ungar Arpat Nemes, der in Bad Dürrenberg zugleich bei den Schützen mitmischt.
Ronny Horrmann kommt geradewegs von Arbeit auf das Schlachtfeld und zieht sich schnell seine französische Uniform an. "Wir sind heute nur sehr schwach vertreten, weil der größere Teil von uns zu einem Biwak nach Italien fuhr", sagt der 20-Jährige aus Muschwitz.
Kanonendonner und Kommandorufe schallen über die Felder. Im Biwak lodern unterdessen Lagerfeuer, sorgen Schmied und Waffenhersteller, Schausteller aller Art für Kurzweil. "Wir haben einfach das Glück, dass die Schlacht in Großgörschen im Jahreskalender den Anfang macht", sagt Wolfgang Rometsch. Der Tausendsassa gehört zum Scharnhorstkomitee, schenkt als Gastwirt Bier aus, beherbergt Gäste aus dem fernen Kanada und kümmert sich liebevoll um eine Delegation aus dem russischen Borodino. "Deutschland ist schon wie eine zweite Heimat für mich", sagt John Overmeyer aus Kanada, der schon zum zwölften Mal hier ist.